Sensibilisierung
1. Allgemeines
Die Ergebnisse einer Befragung von Lehreden an vier deutschen Hochschulen zeigen, dass sich viele Lehrende die Relevanz von digitaler Barrierefreiheit in Frage stellen.
Ich bin unsicher, ob ich mir den Aufwand machen soll, wenn der Nutzen unklar ist.¹
Und viele [Barrieren] siehst du ja auch nicht so einfach. Da würde ich schon sagen, da sehe ich jetzt auch nicht den Anlass [etwas dagegen zu unternehmen]. Also braucht [barrierefreie Aufbereitung] überhaupt jemand, also lohnt sich der Aufwand?¹
Mehr Ergebnisse aus der Befragung können im Artikel Digitale Hochschullehre für Alle gestalten³ nachgelesen werden.
Das Ziel einer Sensibilisierung ist genau diese Unsicherheiten und Unklarheiten aufzudecken und Lehrenden sowie allen anderen Hochschulangehörigen die Relevanz des Themas zu verdeutlichen. Durch eine sinnvolle Sensibilisierung kann nicht nur die Sichtbarkeit von Studierenden mit Beeinträchtigungen gestärkt werden, sondern auch auf deren Bedarfe aufmerksam gemacht werden. Hierdurch können Möglichkeiten geschaffen werden, Lehr-, Lern- und Arbeitskulturen an der Hochschule nachhaltig zu verändern, in denen sich alle Hochschulangehörige ihrer eigenen Verantwortung im Bereich Barrierefreiheit bewusst sind.
Ja gut, es müsste letztendlich, glaube ich, noch mehr so eine [sensible] Kultur geschaffen werden, in der die Relevanz [von Barrierefreiheit] deutlich wird.¹
Um Menschen zu einem ethischen Handeln, das für sie einen Verzicht oder Mehraufwand bedeutet, zu motivieren, muss das Gemeinschaftsgefühl und eine gemeinsame Identität gestärkt werden. Sodass Hochschulmitglieder zum Beispiel stolz sind, so einer tollen Hochschule anzugehören. Hier ist vor allem auch eine Vision von einer funktionierenden Hochschulgemeinschaft, die ALLE Hochschulmitglieder einbezieht, wichtig. Die Frage: Was bringt mir Barrierefreiheit? Kann nur ausreichend beantwortet werden, wenn sich alle angesprochen fühlen und das erreicht man leichter, wenn eine Hochschule ein klares Bild von einer Hochschulgemeinschaft ausarbeitet, in dem deutlich wird, warum Inklusion zur Identität der Hochschule gehört.4
Mithilfe von bewusstseinsfördernden Maßnahmen kann so Wissen über Behinderungen entwickelt und vermittelt werden, die Hochschulangehörigen werden aufgeklärt und bekommen ein Bewusstsein für das Thema. Es geht aber auch darum, mögliche Stereotype und negative Vorstellungen abzubauen. Insbesondere dann, wenn eine Behinderung nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist, ist die Sensibilisierung wichtig, um Barrieren abzubauen und ein funktionierendes Miteinander sicherzustellen. Ziele sind hier vor allem ein Bewusstsein für die Wichtigkeit des Themas zu wecken, Wissen zu vermitteln, Verständnis zu fördern, zu Perspektivwechseln anzuregen und eine gemeinsame Identität zu entwickeln.
Dabei sollte beachtet werden, alle an der Hochschule anzusprechen. Der Fokus sollte nicht nur auf Lehrende, sondern darüber hinaus auch auf Mitarbeitende in der Verwaltung, in der Technik für barrierefreie Infrastruktur oder auch in allgemeinen Beratungsangeboten liegen. Alle an der Hochschule können Kontakt mit Personen haben, die eine - sichtbare oder unsichtbare - Beeinträchtigung haben und sollten dafür sensibilisiert sein. Und auch die Sensibilisierung von Studierenden ist für ein rücksichtsvolles Miteinander wichtig.