2. Das Didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen (DiMiLL)

Ein Modell für inklusives Unterrichten

Die Strukturelemente

Die Strukturelemente des Modells, die im Sinne einer adaptiven Lehrkompetenz ebenfalls als dynamische Größen aufzufassen sind, beruhen auf Wolfgang Schulz‘ (1981) „Hamburger Modell“, das sich aus mehreren Gründen als Fundament zur Weiterentwicklung anbietet: So dient es Ausbilder:innen in der Zweiten Phase der Lehrer:innenausbildung noch immer als Basis der Vermittlung, sodass hier eine phasenübergreifende Theorie fortgeschrieben werden kann; zudem richtet sich das „Hamburger Modell“ gegen stereotypisierende Zuschreibungen und sucht stattdessen eine „solidarisch entwickelt[e]“ (ebd., S. 120) Individualität zu fördern.

Schulz verweist in diesem Zusammenhang auf die „Hervorbringung einer bestimmten Kompetenz, bestimmten Wissens, Könnens, Beurteilens der sich selbst hervorbringenden, lernenden Individualität“ und kombiniert diese Ansätze mit dem „Mitdenken, Mitfühlen, Mithandeln der Personen mit deren Nächsten, die den gleichen Anspruch auf die Entfaltung ihrer Kompetenz, Autonomie, Solidarität haben“ (ebd., S. 101, Herv. im Original). Ausgehend von der Notwendigkeit, „Individualität nicht monadenhaft isoliert und statisch“ zu fördern (vgl. ebd., S. 118) fordert Schulz daher die gegenseitige Unterstützung unter Lernenden und eine den Unterricht prozesshaft begleitende, auch gemeinsam vorzunehmende Einschätzung der Ausgangslage von Schüler:innen und Lehrer:innen.

Ergänzt wird die für inklusive Bildungsprozesse grundlegende Ausgangslagenbestimmung (Zum Glossareintrag "Ausgangslage") um die Parameter der individualisierten Erfolgskontrolle (Zum Glossareintrag "Erfolgskontrolle"), der Themen und Inhalte (Zum Glossareintrag "Themen und Inhalte") sowie der Methoden- und Medienwahl (Zum Glossareintrag "Methoden und Medien").

Dabei stehen die einzelnen Strukturelemente in stetiger Wechselwirkung zueinander und bieten keine – den Unterricht simplifizierende – Reihenfolge an. Ohne Differenzierung der Ausgangslage lassen sich weder Ziele, Erfolgskontrollmechanismen noch passende Methoden oder Medien bestimmen; ebenso wenig kann ohne Reflexion der Inhalte eine für die Inhaltsvermittlung geeignete Methode ausgemacht werden.

Dieser in allen Kombinationen nachzuzeichnender „Implikationszusammenhang“ (Schulz 1981, S. 83) wird in der Nutzung des Modells als Interdependenz im Sinne Paul Heimanns (Heimann et al. 1979) verstanden und wird durch Pfeile zwischen den Strukturelementen illustriert. Der Vollständigkeit halber müssten auch zwischen allen Bestandteilen des Modells Wechselpfeile gezogen werden, da die einzelnen Elemente grundsätzlich miteinander korrelieren, worauf jedoch aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet wurde.

Quelle: Frohn, J. (2017). Das Didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen. In J. Frohn (Hrsg.), FDQI-HU-Glossar. Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin. http://www.hu-berlin.de/fdqi/glossar.

Der Titel des Schaubilds lautet „Das didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen“. Am oberen Rand des quadratischen Schaubilds steht "Ethische Grundlagen inklusiven Lehrens und Lernens". Am unteren Rand steht "Selbst- und Weltverhältnis schulbezogen Handelnder". Weiter innen stehen in den vier Ecken die Prozessmerkmale "Partizipation", "Kooperation", "Kommunikation" und "Reflexion". In der Mitte des Schaubilds sind drei Ringe zu sehen, auf ihnen steht von außen nach innen "Gesamtgesellschaftliche Bedingungen", "Fachdidaktische Bedingungen", "Schulorganisatorische Bedingungen". Im inneren Ring steht in der Mitte "Individuelle Kompetenzentwicklung". Darum herum mit wechselseitigen Pfeilen die Strukturelemente "Themen und Inhalte", "Ausgangslage", "Methoden und Medien" und "Erfolgskontrolle".