Text: Medien.Gestaltung

6.14 Exkurs: Medien nach Barrierefreiheitsrichtlinien gestalten

Seit 2021 müssen öffentliche Einrichtungen u.a. ihre Website barrierefrei gestalten, ab Mitte 2025 gilt dies auch für Dienstleistungen (z.B. Online-Shops) und Produkte (z.B. Laptops, E-Book-Reader) (siehe dazu auch Einheit Medien.Gesellschaft, Abschnitt Digital Divide und Digital Inequality). Aber auch ohne den Zwang: Um mit Medien möglichst viele Menschen ansprechen zu können, müssen sie für alle zugänglich gestaltet werden. Zugänglichkeit kann je nach Personengruppe und Individuum sehr unterschiedlich ausgelegt werden. So stellt Zugänglichkeit für Kinder bspw. ganz andere Anforderungen an die Gestaltung von Inhalten als Zugänglichkeit für Senior*innen. Im gesellschaftlichen Diskurs ist mit »Zugänglichkeit« jedoch häufig Barrierefreiheit gemeint, mit der primär Menschen mit Behinderungen angesprochen werden. So heißt es im Behindertengleichstellungsgesetz § 4:

»Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind […]«.

Für Medienschaffende ist diesbezüglich besonders interessant, wie Medieninhalte beschaffen sein müssen, um barrierefrei zu sein. Nach den internationalen Standards für barrierefreie Webinhalte, den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) müssen Inhalte wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Zu jedem dieser Kernprinzipien gibt es eine Reihe von Richtlinien, die Webinhalte/Medien erfüllen müssen, um barrierefrei zu sein. Für jede Richtlinie werden zudem Erfolgskriterien genannt, die beschreiben, wie die Richtlinie befolgt werden muss. Diese Erfolgskriterien sind verschiedenen Stufen zugeordnet: Stufe A stellt die geringste Stufe dar, Stufe AA die mittlere und die Stufe AAA die höchste Stufe an Barrierefreiheit. Nur wenn alle Kriterien einer Stufe erfüllt werden, ist ein Webinhalt entsprechend der betreffenden Stufe barrierefrei.

In unterschiedlichen Abschnitten wird der Aufbau der WCAG anhand der Richtlinie 1.2 veranschaulicht
Abb. 6.15: Veranschaulichung des Aufbaus der WCAG anhand der Richtlinie 1.2 (Caldwell et al. 2008).

 

An diesem Beispiel wird bereits deutlich, dass die Richtlinien und Erfolgskriterien nicht immer so einfach zu verstehen sind. Glücklicherweise wurde ein Leitfaden zum Verständnis und zur Implementierung der Richtlinien für die Version 2.0 entwickelt: WCAG 2.0 verstehen (https://www.aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit/barrierefreie-website ). Dieser Leitfaden beschreibt die Absicht und den Nutzen der einzelnen Erfolgskriterien. Es werden Beispiele gegeben und mögliche Techniken vermittelt, diese zu bedienen, sowie verbreitete Fehler bei der Umsetzung, sodass auch Laien die internationalen Standards verstehen können. Die aktuelle Version ist die WCAG 2.2, die sich nur minimal von der WCAG Version 2.0 unterscheidet. Es wird jedoch bereits an einer WCAG 3.0 gearbeitet, welche leichter verständlich und auch auf andere Webinhalte wie Apps und Tools anwendbar sein sowie mehr die Bedürfnisse von Nutzer*innen abdecken soll. Eine zentrale Anlaufstelle zu Fragen der Barrierefreiheit stellt die Bundesfachstelle Barrierefreiheit (https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Home/home_node.html ) dar. Soweit es die eigenen Kapazitäten hergeben, berät sie neben den Behörden, die entsprechend dem Gesetz barrierefreie Websites, Apps und elektronische Verwaltungsvorgänge zur Verfügung stellen müssen, auch Unternehmen, Verbände und gesellschaftliche Organisationen. Für ausführlichere Informationen ist der Besuch der Website der Bundesfachstelle zu empfehlen, da sie das bestehende Wissen zur Barrierefreiheit sammelt und für die Öffentlichkeit aufbereitet. Zudem ist sie zuständig für die Einrichtung einer Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (https://www.bfit-bund.de/DE/Home/home_node.html ), welche die Umsetzung der Barrierefreiheit von Websites, Apps und elektronischen Verwaltungsabläufen der öffentlichen Stellen des Bundes periodisch überprüft.

Für erste Schritte in Richtung Barrierefreiheit sollen nachfolgend ein paar Praxistipps in Sachen barrierefreie Mediengestaltung gegeben werden. Wer ein Lehr/Lernsetting möglichst zugänglich gestalten möchte, sei auf Einheit Medien.Didaktik, Abschnitt Universal Design und Universal Design for Learning verwiesen.

Der Reiter Formatvorlagen in Microsoft Word. Ausgewählt ist die Formatvorlage ›Titel‹.
Abb. 6.16: Formatvorlagen in Microsoft Word

 

Praxistipps: Barrierefreie Mediengestaltung

Weitere Informationen über Digitale Barrierefreiheit bietet die Website von Aktion Mensch (https://www.aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit ) sowie die von Hochschulforum Digitalisierung (https://hochschulforumdigitalisierung.de/grundlagen-digitaler-barrierefreiheit/ ).

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  • Medien sollten möglichst zugänglich gestaltet werden. Als barrierefrei gelten Webinhalte, wenn sie entsprechend der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sind.