Rechtliche Regelungen für Menschen mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen

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Buch: Rechtliche Regelungen für Menschen mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen
Gedruckt von: Gast
Datum: Donnerstag, 21. November 2024, 11:35

Beschreibung

Sammlung von relevanten, deutschen Gesetzestexten unter besonderer Berücksichtigung von Studierenden (beispielhaft für Nordrhein-Westfalen und Baden-Würtemberg).

1. Das Grundgesetz (GG)

Artikel 1 (1) 

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Artikel 3 (1)

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Artikel 3 (3)

… Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

2. Das Sozialgesetzbuch (SGB IX)

§ 1 Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder sowie Menschen mit seelischen Behinderungen oder von einer solchen Behinderung bedrohter Menschen Rechnung getragen.

3. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)

§ 1 Ziel und Verantwortung der Träger öffentlicher Gewalt

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

4. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

5. Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)

Artikel 24 – Bildung

(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel,

  • die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken;
  • Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen;
  • Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.

(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass

  • Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden…;
  • Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;
  • angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden;
  • Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern;
  • in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden.

6. Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung (2011)

3.2.2 Hochschule

  • Im Bereich der Hochschule gilt es, die Zahl der Studierenden mit Behinderungen zu erhöhen, indem Hochschulen und ihre Angebote zunehmend barrierefrei ausgestaltet werden.
  • Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert zudem weiterhin die Beratungsstelle „Studium und Behinderung“
  • Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unterstützt das seit 2010 bestehende „Projekt für schwerbehinderte Bachelor-Absolventen/innen“ (ProBas) des Paul-Ehrlich-Instituts

7. Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung (2016)

  • Die Bundesregierung fördert die erneute bundesweite Befragung behinderter und chronisch kranker Studierender an deutschen Hochschulen.
  • Verstetigung der Förderung und Erhöhung der Fördersumme für die Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) beim Deutschen Studentenwerk (DSW).
  • Die zeitlichen Höchstfristen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer Behinderung oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung werden durch die erfolgte Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ausgeweitet.

8. Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung - Statusbericht (2021)

  • Die Bundesregierung fördert die erneute bundesweite Befragung behinderter und chronisch kranker Studierender an deutschen Hochschulen.
  • Verstetigung der Förderung und Erhöhung der Fördersumme für die Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) beim Deutschen Studentenwerk (DSW).
  • Die zeitlichen Höchstfristen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer Behinderung oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung werden durch die erfolgte Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ausgeweitet.

9. Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Zur Teilhabe an Bildung wird ermöglicht, dass Assistenzleistungen künftig auch für höhere Studienabschlüsse wie ein Masterstudium oder in bestimmten Fällen auch eine Promotion bereitgestellt werden. Außerdem erhalten Mütter und Väter mit Behinderungen künftig einen Anspruch auf die erforderlichen Leistungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder.

10. Hochschulrahmengesetz (HRG)

§ 2 Aufgaben

(4) Die Hochschulen wirken an der sozialen Förderung der Studierenden mit; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern. Sie tragen dafür Sorge, dass behinderte Studierende in ihrem Studium nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können. Sie fördern in ihrem Bereich den Sport.

§ 16 Prüfungsordnungen

… Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen.

11. Landeshochschulgesetz Nordrhein-Westfalen (NRW)

§ 3 Aufgaben

(5) Die Hochschulen wirken an der sozialen Förderung der Studierenden mit. Sie berücksichtigen mit angemessenen Vorkehrungen die besonderen Bedürfnisse Studierender und Beschäftigter mit Behinderung oder chronischer Erkrankung oder mit Verantwortung für nahe Angehörige mit Pflege- oder Unterstützungsbedarf sowie mit Kindern. Sie fördern die Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Erziehung für die Studierenden und Beschäftigten mit Kindern, insbesondere durch eine angemessene Betreuung dieser Kinder.
Sie nehmen die Aufgaben der Berufsbildung nach dem Berufsbildungsgesetz wahr. Sie fördern in ihrem Bereich Sport und Kultur.

§ 62b Vertretung der Belange von Studierenden mit
Behinderung oder chronischer Erkrankung

2) Die beauftragte Person wirkt darauf hin, dass den besonderen Bedürfnissen von Studierenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung Rechnung getragen wird und insbesondere die zu ihren Gunsten geltenden Rechtsvorschriften beachtet werden.
Sie wirkt insbesondere bei der Planung und Organisation der Lehr- und Studienbedingungen und beim Nachteilsausgleich hinsichtlich des Zugangs und der Zulassung zum Studium, hinsichtlich des Studiums und hinsichtlich der Prüfungen mit. Sie behandelt Beschwerden von
Betroffenen…

§ 64 Prüfungsordnungen

(2) Hochschulprüfungsordnungen müssen insbesondere regeln:

5. nachteilsausgleichende Regelungen für Studierende, die aufgrund einer Behinderung oder chronischen Erkrankung oder aufgrund der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen an der Ableistung einer Prüfung oder dem Erwerb einer Teilnahmevoraussetzung im Sinne von Nummer 2 in der in der Prüfungsordnung vorgesehenen Weise gehindert sind.

12. Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg(BW)

§ 2 Aufgaben

(3) Die Hochschulen wirken an der sozialen Förderung der Studierenden mit; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Sie tragen dafür Sorge, dass Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen in ihrem Studium nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können; sie bestellen hierfür eine Beauftragte oder einen Beauftragten, deren oder dessen Aufgaben in der Grundordnung geregelt werden. Sie fördern in ihrem Bereich die geistigen, musischen und sportlichen Interessen der Studierenden.

§ 32 Prüfungen; Prüfungsordnungen

(4) Die Prüfungsordnungen enthalten Regelungen zum Prüfungsverfahren und den Prüfungsanforderungen, insbesondere über

5. nachteilsausgleichende Regelungen für Studierende in besonderen Lebenslagen, insbesondere Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, im Mutterschutz, mit Kindern oder mit pflegebedürftigen Angehörigen,...

13. Hochschulvereinbarung zwischen Landesregierung und Hochschulen des Landes NRW

Studium und Lehre

…Lehre und Studium sind einem ständigen Wandel unterzogen. Um diesem Wandel Rechnung zu tragen, orientieren sich Studium und Lehre an den aktuellen Erkenntnissen der Forschung und befähigen Studierende zum wissenschaftlichen Arbeiten.
Das Studium ist geprägt durch fachadäquate, innovative Lehr- und Lernformen, welche insbesondere durch die Digitalisierung unterstützt werden. Die Landesregierung und die Hochschulen verstehen die Digitalisierung von Studium und Lehre auch als Chance, um flexible und adaptive Angebote für eine diverse Studierendenschaft zu ermöglichen, welche die Basis für ein erfolgreiches Studium bieten…

IV Leistungen der Hochschulen

10. Die Hochschulen haben sich in den vergangenen Jahren in besonderem Maße um die Belange der Studierenden mit Behinderung und chronischer Erkrankung bemüht, um ihnen durch geeignete Maßnahmen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Hochschule zu ermöglichen. Die Hochschulen
haben diese Bemühungen in hochschulweiten Konzepten zur vollständigen Inklusion im Studium einschließlich der Studienaufnahme und des Prüfungswesens manifestiert.
Die Hochschulen ergreifen auch zukünftig geeignete Maßnahmen, um den Bedürfnissen von Studierenden mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen nachzukommen.

14. Prüfungsrechtliche Rahmenregelung der Universität Bielefeld

§17 Nachteilsausgleich

(1) Schwerbehinderten Menschen und Gleichgestellten (§ 2 Abs. 2 und 3 SGB IX in der jeweils geltenden Fassung), die nicht in der Lage sind, Modulprüfungen, Modulteilprüfungen oder Studienleistungen ganz oder teilweise entsprechend den vorgesehenen Anforderungen zu erbringen, wird als Ausnahme unter Berücksichtigung des Einzelfalles ein Nachteilsausgleich gewährt. Voraussetzung ist, dass diese grundsätzlich in der Lage sind, das mit der jeweiligen Modulprüfung, Modulteilprüfung oder Studienleistung verbundene Qualifikationsziel erreichen zu können. Die Grenze eines möglichen Nachteilsausgleichs ergibt sich aus den in einer Ordnung oder in einer Studiengangskonzeption definierten Studien- und Qualifikationsziele für das Studienangebot, ein Nachteilsausgleich kommt allein in Betracht, soweit die Einhaltung dieser definierten Studien- und Qualifikationsziele gewährleistet ist. Der Nachteilsausgleich kann in Form von organisatorischen Maßnahmen und Hilfsmitteln gewährt werden, in der Verlängerung der Bearbeitungszeit und/oder darin bestehen, dass Studierenden gestattet wird, abweichend von den vorgesehenen Anforderungen gleichwertige Modulprüfungen, Modulteilprüfungen oder Studienleistungen anzufertigen.

(2) Anderen Studierenden, die wegen länger andauernder oder ständiger körperlicher oder psychischer Behinderung, nicht in der Lage sind, Modulprüfungen, Modulteilprüfungen oder Studienleistungen ganz oder teilweise entsprechend den vorgesehenen Anforderungen zu erbringen, kann nach Maßgabe des Absatz 1 ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Bei vorübergehenden Behinderungen oder aufgrund der Inanspruchnahme von mutterschutzrechtlichen Bestimmungen können entsprechende oder sonstige angemessene Maßnahmen getroffen werden.

(3) Anträge auf Nachteilsausgleich für Modulprüfungen oder Modulteilprüfungen sollen spätestens 3 Wochen vor dem jeweiligen Prüfungstermin gestellt werden. Anträge auf Nachteilsausgleich für Studienleistungen sind in einem angemessenen Zeitraum vor deren Erbringen zu stellen. Die Behinderung ist glaubhaft zu machen, hierzu kann ein ärztliches Attest oder in begründeten Einzelfällen eine Bescheinigung einer*eines Vertrauensärztin*Vertrauensarztes der Universität Bielefeld verlangt werden.

(4) Die Entscheidungen trifft die zuständige Stelle.