Strategieentwicklung
Website: | OpenMoodle der Universität Bielefeld |
Kurs: | Digitale Barrierefreiheit an Hochschulen |
Buch: | Strategieentwicklung |
Gedruckt von: | Gast |
Datum: | Donnerstag, 21. November 2024, 15:34 |
Beschreibung
Eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Strategien ermöglicht eine systematische Analyse und Planung der Entwicklungsmöglichkeiten der eigenen Hochschule - auch in Bezug auf digitale Barrierefreiheit.
1. Allgemeines
Das Ziel der strategischen Planung ist die Suche, der Aufbau, der Erhalt und der Ausbau von Erfolgspotentialen einer Organisation. Merkmale der strategischen Planung sind dabei der übergeordnete Zusammenhang, der längerfristige Zeithorizont, der integrative Ansatz, der alle relevanten Gesichtspunkte des jeweiligen Aufgabengebietes umfasst sowie die hohe Tragweite der getroffenen Entscheidungen. Am Ende der strategischen Planung steht der strategische Plan oder das Strategiekonzept.3
An der Hochschule können 3 Ebenen der Strategie unterschieden werden: Die Mikro-, die Meso- und die Makro-Ebene. Die Mikro-Ebene beschreibt den Lehr-/Lernalltag, in dem Lehrende mit ihren Lehrveranstaltungskonzeptionen Rahmenbedingungen setzen, innerhalb derer Studierende sich bewegen (sollen). Zudem sind auf dieser Ebene auch die Zulassungsbedingungen, anzubietende Fächer und Prüfungsbedingungen festgelegt, die bereits über In- oder Exklusion der Studierenden entscheiden. Auf der Meso-Ebene können dann die auf der Mikroebene erprobten und experimentellen Erfahrungen genutzt werden, um beispielsweise aus einer Lehr-Lern-Interaktion ein Studiengangskonzept zu entwickeln. Auf dieser Ebene treffen also individuelle Bedarfe und Bedürfnisse auf strukturelle Implementierungsmöglichkeiten, die eine nachhaltige Verankerung gewährleisten können. Hier spielen aber auch die Diversitätskompetenz des Personals, Kompetenzentwicklungen sowie die Fachkulturen eine zentrale Rolle. Auf der obersten Ebene, der Makro-Ebene, wirken globale und europäische Initiativen und Regularien. Hier werden Leistungsvereinbarungen getroffen sowie Leitbilder und Strategiepapiere entwickelt. Die auf der Makro-Ebene der Organisation strategisch implementierten Prozesse benötigen dann entsprechende strukturelle Verankerungen und Maßnahmen auf der Meso- und Mikroebene, um die Zielsetzungen der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit auch realisieren zu können.4
In diesem Buch gehen wir auf die oberste Ebene der Strategie ein, die Makroebene. Informationen zur Meso-Ebene finden Sie im Buch „Studium und Lehre“ im Kapitel Strategieentwicklung. Informationen zur Mikro-Ebene gibt es im Buch „Studium und Lehre“ im Kapitel Spezifische Hinweise für Lehrende.
2. Diversitätsstrategie
Für die hochschulweite Umsetzung von Barrierefreiheit und um intern sowie extern zu zeigen, wie wichtig Diversität an der Hochschule ist, kann eine Diversitätsstrategie dienen. Dafür ist es wichtig, sowohl Strategiepapiere als auch Leitlinien zu entwickeln, die Diversität nicht nur theoretisch abbilden, sondern auch konkrete Maßnahmen und Kriterien zur Kontrolle ebendieser beschreiben. An dieser Entwicklung können unterschiedliche Akteur*innen der Hochschule beteiligt sein, wie beispielsweise Personen aus dem International Office, der Zentralen Studienberatung, aus Arbeits- und Servicebereichen Diversität/Inklusion, Beauftragte sowie die Schwerbehindertenvertretung. Zusätzlich kann mittels Auditprozessen auch externe Expertise mit eingeschlossen werden. Die beteiligten Personen können als Lenkungskreis fungieren, in dem auch Studierende beteiligt werden. Auch das Rektorat ist in die Entstehung von Strategiepapieren und Leitlinien involviert, da diese zwangsläufig dort abgenommen werden müssen. Neben den Verantwortlichen und konkreten Aktionen zählen auch ein geplantes Budget und ein zeitlicher Rahmen zu der Umsetzung. Da jedoch oftmals keine Verbindlichkeiten mit den Leitlinien einhergehen, ist es zwingend notwendig, einen Aktionsplan zur Umsetzung festzulegen. Nur wenn konkrete Maßnahmen zur Barrierefreiheit festgeschrieben sind, können diese durch etablierte Monitoringprozesse und Feedbackmechanismen kontrolliert umgesetzt und evaluiert werden.
Also die [barrierefreie] Digitalisierungsstrategie ist ja praktisch ein Anhang zu unserem Struktur- und Entwicklungsplan. Also genauso wie die Gleichstellungsplanung. Das heißt tatsächlich, in Kombination mit dem Struktur- und Entwicklungsplan könnte man darauf verweisen: Da steht es. Das ist unser Plan. (Hochschulleitung)3
Entwickeln Sie eine Diversitätsstrategie sowie passende Leitlinien.
Integrieren Sie konkrete Maßnahmen und Kontrollmöglichkeiten in der Diversitätsstrategie.
Legen Sie in der Strategie auch Verantwortliche, geplantes Budget, den zeitlichen Rahmen und Monitoringprozesse für die Umsetzung fest.
Good Practice:
- Die Goethe-Universität Frankfurt etabliert in ihrem Zentralen Aktionsplan Chancengleichheit (Gender Equality & Diversity Action Plan) Gender Equality & Diversity Policies als Strategien zur Qualitätsentwicklung in Forschung, Lehre und Verwaltung.
- In der Diversity-Strategie legt die Universität Duisburg Essen strategische Ziele und Leitlinien für das Diversity Management fest.
- Die Diversitätsstrategie der TH Nürnberg setzt an den folgenden Handlungsfeldern an: „Hochschulmanagement“, „Lehre und Studium“, „Services und Beratung“ und „Hochschulkultur und -kommunikation“.
- Das Diversity-Konzept der FU Berlin dient der Transparenz sowie der Orientierung und Unterstützung von Hochschulangehörigen in ihren Bestrebungen, auf ein diskriminierungsfreies und diversitätsgerechtes Studier-, Forschungs- und Arbeitsumfeld hinzuwirken.
- Das Strategiepapier Diversity Policies der Universität Siegen zielt auf die Stärkung unterrepräsentierter Gruppen und die Entwicklung einer diskriminierungsfreien Hochschule ab.
- Die Diversity Policy der Universität Bielefeld hat zum Ziel, die positive Haltung der Institution gegenüber Diversität zu begründen und eine Handlungsgrundlage für den Umgang mit Vielfalt innerhalb der Organisation zu schaffen.
- Der „Aktionsplan 2.0 der Technischen Universität Dresden zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ ist eingebettet in die Diversity-Strategie 2030 der TU Dresden und wird als Teil dieses Gesamtkonzeptes verstanden
- Der Aktionsplan 2024 bis 2028 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention soll die TU Chemnitz auf dem Weg zur inklusiven Hochschule leiten.
3. Einbezug in weitere Strategiepapiere
Zusätzlich zu einer konkreten Diversitätsstrategie ist es auch notwendig, weitere bereits vorhandene Strategiepapiere und Entwicklungspläne im Hinblick auf Diversität und Zugänglichkeit (sprachlich, baulich, digital) zu überprüfen und anzupassen, um in alle relevanten Bereiche einzudringen. Hierzu gehören unter anderem alle Strategiepapiere und Leitlinien, die das Studium und die Hochschullehre betreffen. Weitere strategische Handlungsfelder, die in Zusammenhang mit Diversität stehen können, sind beispielsweise:
- Digitalisierung
- Internationalisierung
- Weiterbildung
- Personal
- Nachhaltigkeit
- Gesellschaftliche Verantwortung
- Qualitätsmanagement
- Campusleben
- Studienerfolg
- Innovation
- Kommunikation
- Verwaltung
- Forschung
- Wissenschaft
- Innovation
- Lehre
Denken Sie auch hier daran, konkrete Maßnahmen zur Barrierefreiheit mit aufzunehmen und festzuschreiben. Dadurch können Forderungen nicht mehr so leicht abgewiesen werden, sondern werden zu einem Muss.
Good practice:
- Folgende Beispiele dienen als Orientierung: Sie finden Digitalisierungsstrategien, in denen Aspekte der digitalen Barrierefreiheit aufgenommen wurden, in der Digitalisierungsstrategie 2020–2023 der Fernuniversität Hagen sowie der Digitalisierungsstrategie für Lehre und Studium 2025 der TH Köln. Diese beiden Hochschulen haben auch diversitätssensible Lehrstrategien entwickelt. In der Lehrstrategie der Fernuniversität Hagen und den strategischen Leitlinien zu Lehre und Studium TH Köln wird Diversität in Handlungsfeldern und Maßnahmen aktiv mitgedacht.
Bei der (Weiter-)Entwicklung dieser Strategien ist es sinnvoll, Expert*innen einzuladen, um von ihren Kompetenzen und Erfahrungen zu profitieren. Zu den Expert*innen können sowohl interne Personen aus unterschiedlichen Fachbereichen sowie externe gehören. Außerdem ergeben sich zu besetzende Rollen und Funktionen aus dem Hochschulgesetz, die sich zum Beispiel innerhalb von Gremien, Personalräten, als Gleichstellungsbeauftragte oder im Senat mit dem Thema auseinandersetzen müssen und Expertise mitbringen. Im Rahmen von Audits oder Exzellenzclustern kann ein Austausch mit vorhanden externen und internen Ressourcen und Kompetenzen stattfinden. Die Partizipation von Betroffenen-Statusgruppen, mit entsprechender Expertise, ist hierbei ebenfalls wichtig.
Nur an 24% der Universitäten und 14% der Hochschulen sind Beauftragte für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung bei der Strategieentwicklung beteiligt.4
Überprüfen Sie bereits vorhandene Strategiepapiere und Entwicklungspläne mit Hinblick auf Diversität und Barrierefreiheit.
Passen Sie die relevanten Strategiepapiere und Entwicklungspläne so an, dass sie der Diversität und Barrierefreiheit gerecht werden.
Beteiligen Sie Expert*innen und Betroffene in der Analyse und Anpassung der Strategiepapiere.
Nutzen Sie vorhandene Ressourcen aus bestehenden Rollen und Funktionen.
Erschaffen Sie ein Netzwerk zum Austausch.
4. Leitbilder
Ich glaube, dass es [digitale Barrierefreiheit] schon ein Profilmerkmal einer Hochschule sein kann und sein sollte. (Hochschulleitung)5
Auch Leitbilder und darin integrierte Profilmerkmale prägen die Kultur der Hochschule und repräsentieren diese. Integrieren Sie deshalb auch in die Leitbilder – beispielsweise das Leitbild Lehre – die (digitale) Barrierefreiheit. Hier können sie beispielsweise die Rechte und Pflichten der Hochschul-Angehörigen festhalten.
Integrieren Sie Barrierefreiheit in den relevanten Leitbildern der Hochschule.
Good practice:
- Ein Beispiel für die Intergation in ein Leitbild finden Sie bei der FH Dortmund: Leitbild Lehre
- Auch die Fernuniversität Hagen hat ein spezifisches Leitbild Diversität.
5. Zielvereinbarungen
Die Zielvereinbarungen – sowohl extern mit den Ländern als auch interne Zielvereinbarungen mit Fachbereichen, zentralen Einrichtungen oder der Verwaltung – sind ein hilfreiches Mittel, in der Strategie gesetzte Ziele festzuschreiben. Durch die Kontrollen dieser Zielvereinbarungen, entsteht eine verpflichtende Umsetzung. Integrieren Sie deshalb konkrete Maßnahmen und Ziele im Hinblick auf Inklusion und Barrierefreiheit in die Zielvereinbarungen mit den Ländern für die gesamte Hochschule. Sorgen Sie zudem dafür, dass auch in den internen Zielvereinbarungen mit Fachbereichen, zentralen Einrichtungen oder der Verwaltung solche Maßnahmen und Ziele enthalten sind. Achten Sie dabei darauf, dass Sie konkrete, fachbereichsspezifische Maßnahmen festlegen und messbare Parameter für die Kontrolle formulieren.
Integrieren Sie konkrete Ziele und Maßnahmen in Ihrer externen Zielvereinbarung mit dem Land.
Integrieren Sie konkrete Ziele und Maßnahmen in den internen Zielvereinbarungen mit den Fachbereichen, der Verwaltung oder Zentralen Einrichtungen.
Achten Sie in den Zielvereinbarungen auf konkrete Maßnahmen und messbare Parameter für die Kontrolle.
Good Practice:
- Das Land NRW hat in seinen Hochschulvereinbarungen zwischen Land und Hochschulen unter "Leistungen der Hochschulen" festgelegt, dass sich die Hochschulen unter 10. auch verpflichten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Bedürfnissen von Studierenden mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen nachzukommen.
6. Audits
Audits zum Thema Inklusion, Diversität und Barrierefreiheit zeigen Ihrer Hochschule nicht nur, wo Sie momentan stehen, mithilfe der Audits werden auch Prozesse angestoßen, die Organisationsstrukturen und Prozesse reflektiert zu betrachten und Optimierungen voranzutreiben. Deshalb sind diese Audits hilfreiche Mittel in der Umsetzung von Inklusion.
Nehmen Sie an Audits spezifisch zur Diversität teil und bringen Sie Themen wie Inklusion und Barrierefreiheit mit ein.
Verankern Sie Ergebnisse von Audits strategisch an der Hochschule.
Nutzen Sie Audits auch als Aufhänger für Veränderungsprozesse.
Good Practice:
- Diversity Audit „Vielfalt gestalten“ des Stifterverbandes unterstützt Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen dabei, spezifische Diversitätsstrategien zu entwickeln und umzusetzen, die im Einklang mit ihrem jeweiligen Profil stehen, indem es Strukturen, Instrumente und Maßnahmen konzipiert und moderierte Reflexionen sowie Gespräche mit allen Beteiligten fördert.
- Das TOTAL E-QUALITY Prädikat wird durch einen Auditprozess verliehen, bei dem Organisationen auf ihre Maßnahmen und Strategien zur Förderung von Chancengleichheit und Vielfalt untersucht werden.
Mit dem Audit "Familiengerechte Hochschule" arbeiten Universitäten, Hochschulen und Akademien aktiv daran, ihre Studien- und Arbeitsbedingungen familiengerecht zu gestalten, indem sie die Vielfalt von Lebensentwürfen und Familienformen berücksichtigen. - Die Charta der Vielfalt ist eine Arbeitgebendeninitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen.