Vertiefende Informationen zu barrierefreien E-Prüfungen
Sajt: | OpenMoodle der Universität Bielefeld |
Kurs: | Barrierefreie digitale Prüfungen |
Knjiga: | Vertiefende Informationen zu barrierefreien E-Prüfungen |
Štampao/la: | Misafir kullanıcı |
Datum: | subota, 18. oktobar 2025., 17:19 |
Opis
Hierunter finden Sie optional Hintergrundinformationen zum Thema E-Prüfungen.
1. Was sind E-Prüfungen?
Der Begriff E-Prüfungen steht für elektronische Prüfungen (engl. e-Assessment) und ist ein prüfungsrechtlicher Begriff, der sich im Wandel befindet. Während traditionelle Prüfungsformen, ob schriftlich, mündlich oder praktisch, swohl digital als auch analog durchgeführt werden können, erfolgen E-Prüfungen ausschließlich digital. E-Prüfungen werden in einem geschlossenen System durchgeführt. Ein solches System kann beispielsweise Moodle sein. Der Zugriff auf diese Systeme kann vor Ort (Präsenz) oder ortsunabhängig über das Internet erfolgen.
Typischerweise sind E-Prüfungen dadurch gekennzeichnet, dass Vorbereitung, Durchführung und Korrektur innerhalb desselben Systems ablaufen.
Abbildung: Schematische Darstellung der Prüfungstypen, nach Malte Persike (eigene Darstellung).
2. Prüfungsformate
Um den Lernerfolg der Studierenden in E-Prüfung zu ermitteln, gibt es verschiedene Prüfungsformate:
- Closed-Book-Exams: Es sind keine Hilfsmittel als die von Prüfer*innen vorgegebenen erlaubt.
- Cheat-Sheet-Exams: Eigene Klausurhilfen („Spickzettel“) sind zulässig.
- Open-Book-Exams: Lehrbücher und ausgewählte Materialien dürfen verwendet werden.
- Open-Web-Exams: Alle Ressourcen sind erlaubt, unter der Bedingung, dass kein Live-Austausch mit anderen Studierenden stattfindet.
Die Vorteile von Open-Formaten liegen in der Förderung von Kompetenzen, dem authentischen Prüfen und der besseren Ausrichtung am Constructive Alignment. Allerdings erfordert der Einsatz solcher Formate Übung und Vorbereitung. Wichtig ist, dass sowohl fachliches Wissen als auch anwedungsorientiertes Kompetenzwissen vermittelt werden.
Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass die prüfungsrechtlichen Vorgaben der jeweiligen Hochschule zu beachten sind. Diese gilt es insbesondere hinsichtlich zulässiger Hilfsmittel, Aufsichtsregeln und Prüfungsdurchführung zu berücksichtigen.
3. Typische Aufgabenformate in E-Prüfungen
Die Aufgaben in E-Prüfungen können unterschiedliche Formate annehmen. Lehrende haben die Möglichkeit Prüfungen so zu gestalten, dass sie sowohl zum Veranstaltungstyp als auch zum jeweiligen Einsatzzweck passen. Dabei sind folgende Aufgabenformate typisch:
- Offene Formate: Ergebniseingabe (z.B. Zahl oder Wert), Freitextangabe, Scan-Aufgabe
- Geschlossene Formate: Multiple-Choice-Aufgaben, Single-Choice-Aufgaben, Kprim-Aufgaben (vier Aussagen, von denen jeweils zwei richtig sind), Zuordnungsfragen, Klassifikationsaufgaben, Lückentext-Aufgaben („CLOZE“), Bildannotation/Hotspot/ImageMap
- Fachspezifische Formate: Formeleingaben (z.B. in Mathematik oder Naturwissenschaften), Programmieraufgaben (Coding-Aufgaben), weitere domänenspezifische Formate (abhängig vom Fachgebiet)
3.1. Typische Aufgabenformate in E-Prüfungen in Moodle
Das Lernmanagementsystem Moodle wurde ursprünglich nicht primär für die Durchführung von E-Prüfungen enwickelt. Dennoch bietet die Test-Aktivität einen ausreichenden Funktionsumfang, der es ermöglicht, auch summative Abschluss- bzw. Leistungsbewertungen durchzuführen. Dabei steht den Lehrenden ein großes Repertoire an unterschiedlichen Fragetypen zur Verfügung:
- Multiple-Choice-Fragen: Studierende wählen eine oder mehrere richtige Antworten aus einer vorgegebenen Liste aus.
- Single-Choice-Fragen: Es ist genau eine Antwort richtig.
- Freitextaufgaben: Studierende geben eine längere Antwort in Textform ein.
- Zuordnungsfragen: Elemente aus zwei Spalten (z. B. Begriffe und Definitionen) müssen korrekt zugeordnet werden.
- Fragen nach Zahlen/Berechnungen: Studierende geben numerische Ergebnisse an, ggf. mit Toleranzbereich.
- Lückentext-Aufgaben (Cloze-Fragen): Im Text sind Lücken vorzufinden, die mit einzelnen Begriffen, Zahlen oder kurzen Phrasen zu füllen sind.
4. Online-Prüfungen
Bei Online-Prüfungen ist der Einsatz von elektronischen Informations- und Kommunikationswegen zentral.
Online-Prüfungen (oder auch digitale Fernprüfungen genannt) können in sogeannte "Take-Home"- und Vor-Ort-Prüfungen unterteilt werden.
"Take-Home"-Prüfungen werden vorwiegend, jedoch nicht ausschließlich, genutzt, um asynchrone und längere Prüfungsaufgaben zu absolvieren.
4.1. "Take-Home"-Prüfungen
"Take-Home"-Prüfungen ohne Bewachung
Take-Home-Prüfungen finden, wie der Name bereits erklärt, nicht in der Hochschule, sondern zu Hause statt. Derartige Prüfungen sind mit Klausuren vergleichbar und sollten demnach Aufgaben beinhalten, die in einer relativ kurzen Zeit gelöst werden können. Häufig werden Take-Home-Prüfungen als Open-Book-Klausuren oder Kofferklausuren gestellt und Hilfsmittel sind erlaubt. Die Ausgabe der Prüfungsaufgabe sowie die Abgabe erfolgen in elektronischer Form. Bei Take-Home-Prüfungen werden zwei verschiedene Varianten unterschieden:
- Studierende haben selbst Angst, durch Täuschung von Kommiliton*innen benachteiligt zu werden.
- Hohe Vorbereitungsintensität (da reine Wissensabfrage nicht passend ist).
- Leistungszeit und Leistungen höher z.B. aufgrunddessen, dass der heimische Kontext kein Prüfungsort ist.
- Täuschungskontrolle durch: Täuschungsvermeidung, Täuschungsüberwachung, Täuschungsaufdeckung.
- Täuschung in der Distanz größer als in Präsenz
- Aber: Täuschen kann man immer.
"Take-Home"-Prüfungen mit Bewachung: Das Online Proctoring
Online Proctorin ist ein ortsunabhängiges digitales Assessment mithilfe spezieller Software, die Täuschung verhindern soll. Die Software kann dabei die Prüfung in verschiedenen Formen aufzeichnen (Bildschirmfotos, Video, Audio, Clickstream).
4 Level des Proctoring:
- Level 0: Videokonferenzen mit bis zu 50 Studierenden, keine Aufzeichnung
- Level 1: Proctoring mit dezidierter Software, 1 Kamera, Webseiten-Logging, ggf. Aufzeichnung
- Level 2: Proctoring mit 1 Kamera, Webseiten- und Application-Logging plus Computer Lock-Down, ggf. Aufzeichnung
- Level 3: Proctoring mit 2 Kameras, vollständiger Aktivitäts-Logging plus Computer Lock-Down, ggf. Aufzeichnung
Aufzeichnungen sind kritisch zu betrachten und sind in den Bundesländer unterschiedlich geregelt.
Proctoring kann digital und in Präsenz Anwendung finden, da Vor-Ort-Prüfungen oft in abgeschirmten und uneinsehbaren Prüfungsplätzen stattfinden.
4.2. Digitale Vor-Ort-Prüfungen
Digitale Vor-Ort-Prüfungen finden in der Hochschule selbst statt. Damit die Durchführung am Campus gelingen kann, müssen unterschiedliche Besonderheiten beachtet werden. Beispielsweise sind die Gegebenheiten zu den Räumlichkeiten, der Infrastruktur und der Hardware zu klären. Darüberhinaus ist sicherzustellen, dass eine stabile Internetverbindung vorhanden ist.
Benötigte räumliche und technische Infrastruktur:
- Computer-Pools (feste Camputerarbeitsplätze),
- mobile Pools (Computerarbeitsplätze, die in unterschiedlichen Räumen eingerichtet werden können),
- BYOD- "Bring your own Device" (Prüfende bringen ihre eigenen Geräte zur Durchführung der Prüfung mit, es sollten ausreichend Steckdosen vorhanden sein)
Prüfungsmöglichkeiten:
- Open-Book-Klausuren,
- Prüfung mit Drittapplikation,
- E-Prüfungen im selben System
4.3. Ergebnisse einer Studierendenbefragung
Studierendenbefragung an der Uni Bielefeld zu Online-Prüfungen
Die Studierendenbefragung im Wintersemester 2020/2021 hat ergeben, dass 64,5% der Studierenden (sehr) zufrieden mit der Organisation der Online-Prüfungen waren.
Bei 42,7% (N=2837) der Onlineklausuren fand im Vorfeld der Online-Prüfung ein Testdurchlauf statt. 80,6% (N=2340) waren (sehr) zufrieden mit den Testdurchläufen. 73,7% (N=2837) der befragten Studierenden haben im Vorfeld der Onlineklausuren Anleitungen oder Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt bekommen. Und 85,7% (N=2749) fanden diese (sehr) hilfreich. Das hat vermutlich darauf Einfluss genommen, dass die Studierenden (sehr) gut auf den Ablauf der Onlineprüfungen vorbereitet gefühlt haben (69,1%, N=2194).
Diese Ergebnisse zeigen, dass eine gute Vorbereitung auch auf die technischen Bedingungen einer Online-Prüfung sinnvoll ist.
Dennoch sind bei 34% der Befragten technische und bei 27,9% organisatorische Probleme aufgetreten (N=3154). Bei 58,2% konnten die technischen Probleme noch während der Prüfungen gelöst werden. Doch bei den Studierenden, bei denen sich die technischen Schwierigkeiten nicht oder nur teilweise lösen ließen, mussten knapp 20% die Onlineprüfung vorzeitig abbrechen.
Des Weiteren gaben die Studierenden an, dass die Anforderungen der Online-Prüfungen höher waren (42%, N=1889) und das Stresslevel deutlich höher war als Prüfungen in Präsenz (44,2%, N=1889).
Gerade die technischen Probleme können unerwartet auftreten und erheblichen Stress verursachen. Auf diese sollten adäquat reagiert werden.
Besonders beliebtes Prüfungsformat ist laut der Befragung eine Online-Prüfung als Open-Book im Online-Prüfungssystem mit 49,1% (N=3042). Jedoch haben nur 31,6% diese Formen der Prüfungsleitung erbracht (N=3762). Im Wintersemester 2021/22 waren die meisten befragten Studierenden mit Open-Book-Klausuren mit freier Bearbeitung (sehr) zufrieden (79,5%, N=836). Auch in dieser Befragung wünschen sich 46,6% Online-Prüfungen als Open-Book im Online-Prüfungssystem als zukünftiges Prüfungsformat (N=1720).
5. Umsetzung von E-Prüfungen
Bei der Umsetzung von E-Prüfungen sowie allgemein von digitalen Prüfungen ist ein Zusammenspiel folgender vier Handlungsfelder von hoher Relevanz: Recht, Technik, Didaktik und zuletzt Organisation. Diese bilden den strukturellen Rahmen.
Unter das erste Handlungsfeld Recht fallen alle prüfungs- und datenschutzrechtliche Überlegungen (z.B. Gleichbehandlungsgesetz, spezifische normative Grundlage). Das zweite Handlungsfeld Technik bezieht sich auf alle technsich-infrastrukturellen Maßnahmen, die bei digitalen und besodners bei E-Prüfungen bedacht werden müssen (z.B. technische Stabilität und Sicherheit der Prüfungssoftware). Im dritten Handlungsfeld Didaktik werden alle didaktisch-psychologischen Rahmenbedingungen eingeschlossen (z.B. Validität und Reliabilität der Frage-Items). Das Handlungsfeld Organisation betrifft Maßnahmen, die organisatorisch-logistische Überlegungen betreffen (z.B. Beaufsichtigung der Prüfungsteilnehmenden).
Die Gemeinsamkeit aller vier Handlungsfelder besteht darin, dass die Maßnahmen und Handlungen in ihnen unterschiedlich leicht umzusetzen sind und in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Entsprechend erfolgt die gesamte Umsetzung von digitalen und E-Prüfungen in einem Zusammenspiel aus Maßnahmen aller Handlungsfelder.
5.1. Vorüberlegungen vor einer E-Prüfung
Bevor eine E-Prüfung durchgeführt werden kann, gilt es einige Überlegungen vorab anzustellen und verschiedene Faktoren abzuklären. Folgende Aspekte sollten beachtet werden:
- Technische Vorüberlegungen
- Rechtliche Vorüberlegungen
- Didaktische Vorüberlegungen
- Räumlichkeiten, ggf. Raumbuchungen
- Software, ggf. Software-Schulung vor Erstanwendung
5.2. Aufwand für die Durchführung von E-Prüfungen
Bei der Durchführung von E-Prüfungen sind nicht nur theoretische Vorüberlegungen anzustellen. Zusätzlich muss für das Notwendige Equipment gesorgt werden:
- Software und ggf. Hardware zur Verfügung stellen.
- Stabiles Internet muss vorhanden sein. Wenn mit einem Save-Exam-Browser gearbeitet wird: benötigt zweites Endgerät für Überwachung durch z.B. Zoom
- Personal zur Überwachung, für den technischen Support und für inhaltliche Fragen
- Raum-Fragen: Vor Ort müssen Räumlichkeiten vorhanden und ausgestattet sein; Zu Hause benötigen Studierende die Möglichkeit, die Prüfung in Ruhe durchzuführen.
- Schulung in digitalen Kompetenzen
Eine Handreichung zum Thema E-Prüfungen mit entsprechender Checkliste und zusätzlichen Informationen finden Sie im Moodle-Kurs "Materialpaket barrierefreie Lehre".
5.3. E-Prüfungen und Nachteilsausgleich
Aufgrund der individuellen Bedarfe von Studierenden, ist die Erbringung von Leistungen und Prüfungen in der vorgegebenen Weise oder im vorgesehenen Zeitrahmen teilweise nicht möglich. Daher benötigt es an dieser Stelle eine zeitliche und/oder formale Anpassung der Leistungsnachweise. Dies gilt besonders bei Klausuren, Referaten, mündlichen Prüfungen, Hausarbeiten, Berichten und Abschlussarbeiten. Studierende haben ein Recht auf Nachteilsausgleiche. Das Recht auf Nachteilsausgleich von Studierenden mit Behinderung (SmiB) und chronischen Erkrankungen ist gesetzlich verankert. Die Gesetzestexte können auf der Homepage des Deutschen Studierendenwerks eingesehen werden.
In jedem Einzelfall wird individuell geprüft, welche beeinträchtigungsbedingte Benachteiligung vorliegt und wie diese sinnvoll auszugleichen ist. Die Gestaltung der Maßnahmen für Nachteilsausgleiche bezieht sich häufig auf Prüfungen, die in Präsenz stattfinden. Jedoch lassen sich viele Empfehlungen für Präsenz-Prüfungen auch problemlos auf digitale Formate übertragen. Beispielsweise können wichtige Handlungsfelder und mögliche Maßnahmen zum Nachteilsausgleich eine Verlängerung der Schreibzeit bei Klausuren oder Hausarbeiten, Verlängerung der Bearbeitungszeit um tatsächlich anfallende Pausenzeiten, Bereitstellung von technischen Hilfsmitteln, Erlaubnis der Nutzung von persönlicher Assistenz sein. Eine ausführliche Aufführung hält die Universität Hamburg in einer Tabelle fest. Dort werden die gängigen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs für Präsenz-Klausuren aufgelistet und skizziert, ob und ggf. wie die Umsetzung bei elektronischen Prüfungen oder klausurähnlichen Take Home Exams erfolgen kann. Die ausführliche Tabelle und weitere hilfreiche Informationen finden Sie in dem PDF-Dokument der Universität Hamburg "Wie lassen sich Maßnahmen des Nachteilsausgleichs für Präsenz-Prüfungen auf digitale Prüfungen übertragen?".
6. Barrieren in digitalen Prüfungen
Anfang 2022 wurde im Rahmen von SHUFFLE eine Umfrage zu digitaler Barrierefreiheit an den vier Projekthochschulen durchgeführt. Befragt wurden Studierende, Lehrende und Leitende in einer Online-Befragung sowie in Interviews.
In der Online-Umfrage wurden die Studierenden unter anderem zu Barrieren in digitalen Prüfungen befragt. 60% der Befragten, die bereits an digitalen Prüfungen teilgenommen haben, sind auf folgende Barrieren gestoßen:
- Bearbeitungszeit
- Reizüberflutung
- Stress und psychische Belastungen (aufgrund von Unsicherheiten mit dem Umgang digitaler Inhalte und Technik, Angst vor Beobachtung, Konzentrationsschwierigkeiten)
- Probleme mit einer stabilen Internetverbindung
- Unzureichende Hard- und Software
Die Ergebnisse aus der Umfrage weisen darauf hin, dass grundlegende Probleme in digitalen Prüfungen bestehen könnnen.
Zu der Bearbeitungszeit hat ein*e Studierende*r Folgendes geäußert:
"Unfortunately, the given time for most online exams were extremely short. Professors should understand that we are humans too and we need time to read, think and answer the questions given. I think they are doing this to prevent us from “cheating”, but we are human, it is not possible to respond in a second like robots. How can I focus on questions if I'm looking at the remaining time every ten seconds and my heart beats twice as fast as it should?"
Die Frage "Inweiweit kommen Sie mit folgendem Aspekt zurecht: E-Prüfungen auf der Lernplattform" hat ergeben, dass nur ca. ein Drittel (sehr) gut mit E-Prüfungen auf Lernplattformen zurecht kommen. Knapp weniger als ein Drittel kommen teilweise mit E-Prüfungen und ein Drittel (gar) nicht gut zurecht.
Abbildung: Diagramm zu der Frage "Wie kommen Sie mit E-Prüfungen zurecht?", eigene Darstellung
6.1. Wie kann ich meine Prüfungen möglichst barrierefrei gestalten?
Damit gewährleistet ist, dass die Prüfung selbst ebenfalls barrierefrei ist und von allen Studierenden bearbeitet werden kann, gilt es folgende Aspekte zu beachten:
- Achten Sie darauf, dass ihre Prüfungen barrierefrei gestaltet (Dokumente, Moodle-Aufgaben) sowie die zu nutzende(n) Software-Programme barrierefrei sind.
- Achten Sie darauf, dass die Studierenden die Möglichkeit haben, zuerst alle Aufgaben durchzulesen, bevor sie die Aufgaben beantworten müssen. So haben sie die Möglichkeit, die Reihenfolge zur Bearbeitung selbst festzulegen, wenn diese didaktisch keinen Mehrwert hat.
- Wenn die Reihenfolge festgelegt ist, sollte dies vorher den Studierenden kommuniziert werden.
- Zur besseren Orientierung sollte zu Beginn der Klausur ein Inhaltsverzeichnis eingebunden sein.
- Üben Sie die Nutzung von digitalen Programmen mit ihren Studierenden, damit diese in der Prüfung sich auf die inhaltliche Bearbeitung konzentrieren können.
- Geben Sie am Anfang der Prüfung die Bearbeitungsdauer und während der Prüfung rechtzeitig das nahende Prüfungsende an.
- Geben Sie Hinweise zum technischen Support.
- Wenn es dem Prüfungszweck nicht entgegensteht, sollten die Studierenden die Wahl haben, welche Bearbeitungstechnik sie nutzen wollen. Zudem sollten diese genau beschrieben und geübt werden. Mögliche Bearbeitungstechniken für Klausuren: geschriebene Texte einscannen, digitale Dokumente hochladen, mit Tastatur auf PC schreiben, einer Assistenzperson diktieren etc.
- Aufsichtspersonen sollten darin geschult sein, dass sich Studierende mit Beeinträchtigung evtl. anders im Online-Setting verhalten als andere Studierende. Unter anderem nutzen sie Messgeräte oder bestimmte Skills zur Beruhigung, gehen häufiger zur Toilette oder haben eine Assistenzperson, die sie unterstützen.
Ein Leitfaden mit den gebündelten Informationen, Tipps und Tricks zum Download sowie eine entsprechende Checkliste zum Abhaken steht in disem Moodle-Kurs in Kapitel 3 "Barrierefreie E-Prüfungen umsetzen" zur Verfügung.
6.2. Welche Fragetypen in Moodle sollte ich eher nicht nutzen?
Nicht alle Fragetypen eignen sich für eine Frage innerhalb von E-Prüfungen, da sie eine Barriere darstellen können. Da bei unteschiedlichen Fragetypen nicht alle Studierenden die Möglichkeit haben, die Frage zu beantworten, bietet die nachfolgende Tabelle eine Übersicht mit zu vermeidenden Fragetypen.
Fragetyp | Kurzbeschreibung | Nicht verwenden, weil... |
---|---|---|
Anordnung | Ordnen Sie die zufällig angeordneten Elemente in eine sinnvolle Reihenfolge. |
Ist nicht zugänglich für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen, motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. Nicht per Tastatur steuerbar. Nicht mit Screenreader lesbar. |
Drag-and-Drop auf Bild | Bilder oder Texte werden auf Ablagebereiche eines Hintergrundbildes gezogen. |
Ist nicht zugänglich für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen, motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. Nicht per Tastatur steuerbar. Nicht mit Screenreader lesbar. |
Drag-and-Drop auf Text | Fehlende Wörter im Fragetext werden per Drag-and-drop ausgefüllt. |
Ist nicht zugänglich für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen. Nicht per Tastatur steuerbar. Nicht mit Screenreader lesbar. |
Drag-and Drop-Markierungen | Markierungen werden per Drag-and-drop auf ein Hintergrundbild gezogen. |
Ist nicht zugänglich für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen, motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. Nicht per Tastatur steuerbar. Nicht mit Screenreader lesbar. |
Erweiterter Lückentext | Ein Fragetyp, der sich mit dem Ausfüllen von Lücken beschäftigt. Erlaubt "drag&drop" und "drop down" Antwortmöglichkeiten mit dem Einblenden von falschen Antwortmöglichkeiten, welche zur Ablenkung bei der Beantwortung der Frage dienen. |
Ist nicht zugänglich für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. |
Lückentext (Cloze) | Fragen dieses Typs sind sehr flexibel. Der Text muss zur Erzeugung einer Lücke codiert werden, um Multiple Choice-Fragen, Kurztextfragen oder numerische Fragen einzubinden. | Ist nicht zugänglich für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. |
Lückentextauswahl | Fehlende Wörter im Fragetext werden über Drop-Down-Menüs ausgefüllt. | Ist nicht zugänglich für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. |
Wörter markieren | Buchstaben oder Wörter markieren in einem Textabsatz. | Ist nicht zugänglich für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen, motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. |
Zuordnung | Die Antwort auf jede der Unterfragen muss aus einer Liste von Möglichkeiten ausgewählt werden. | Ist nicht zugänglich für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen sowie psychischen Erkrankungen. |
Quelle:
6.3. Geeignete Fragetypen
Obwohl das LMS Moodle nicht primär für die Durchführung von E-Prüfungen konzipiert ist, beinhaltet die "Test"-Akitvität einen ausreichenden Funktionsumfang für die Durchführung summativer Assesments. Die nachfolgenden Aufgabentypen können von allen Studierenden bearbeitet werden und sind (weitgehend) barrierefrei. In diesem Kontext bedeutet weitgehend, dass die Aufgaben für die meisten Menschen mit Behinderungen zugänglich sind, aber es noch einzelne Einschränkungen gibt, die für bestimmte Gruppen eine Barriere darstellen können. Diese Barrieren können oft durch assistive Technologien oder Anpassungen reduziert werden.
- Multiple-Choice-Fragen (weitgehend barrierefrei)
- Textbasierte Fragetypen: Kurzantwort (weitgehend barrierefrei) und Freitext (weitgehend barrierefrei)
- Zuordnungs-Fragetypen für Wörter und Wortgruppen: Zufällige Kurzantwortzuordnung (wie Zuordnung mit Drop-Down-Liste) weitgehend barrierefrei)
- Mathematische Fragetypen: Numerisch, Einfach berechnet, Berechnet und Berechnete Multiple-Choice (weitgehend barrierefrei)
7. Tipps und Tricks
Assessment Toolbox Bern: bietet unter anderem die Möglichkeit, strukturiert nach alternativen Assessment-Formaten zu suchen.
Zudem finden Sie dort Tipps für digitale Prüfungen (PDF) als kompaktes PDF-Dokument.
8. Quellen
Bandtel, M., Baume, M., Brinkmann, E., Bedenlier, S., Budde, J., Eugster, B., Ghoneim, A., Halbherr, T., Persike, M., Rampelt, F., Reinmann, G., Sari, Z., Schulz, A. (Hrsg.) (2021). Digitale Prüfungen in der Hochschule. Whitepaper einer Community Working Group aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Version 1.1. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung. DOI: https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000138521/131305183, zuletzt aufgerufen 08.05.2023.
Budde, Jannica; Tobor, Jens; Beyermann, Jasper (2023): Blickpunkt Digitale Prüfungen. Hochschulforum Digitalisierung. Online als PDF verfügbar unter: https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_Blickpunkt_Digitale_Pruefungen.pdf, zuletzt aufgerufen 08.05.2023.
Gattermann-Kasper, Meike; Peschke, Susanne (2022): Digitale Prüfungen inklusiv gestalten: Didaktische, technische und organisatorische Anforderungen, Präsentation vom 11.11.2022, online als PDF verfügbar unter: https://www.studentenwerke.de/sites/default/files/praesentation_peschke_gattermann.pdf, zuletzt aufgerufen am 09.05.2023
Leibniz-Institut für Wissensmedien (2021): Constructive Alignement. Online verfügbar unter: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/constructive-alignment, aktualisiert am 21.02.2023, zuletzt aufgerufen 08.05.2023.
mebis-Redaktion, in: mebis – Landesmedienzentrum Bayern (2021). SAMR. Ein Modell zur Digitalisierung des Lernens. Online verfügbar unter: https://mebis.bycs.de/beitrag/samr-ein-modell-zur-digitalisierung-des-lernens, zuletzt aufgerufen am 13.12.2023.
Persike, Malte (2021): Infopoint Hochschullehre: Digitale Prüfungen – Konzepte, Technik, Praxis vom 24.09.2021. Hochschulforum Digitalisierung. Online-Video verfügbar unter:
Universität Bielefeld ZAB (o.J.): Nachteilsausgleich. Online verfügbar unter https://www.uni-bielefeld.de/einrichtungen/zab/studierende/studieren/nachteilsausgleich/, zuletzt aufgerufen am 12.10.2023.