Text: Medien.Didaktik

Strona: OpenMoodle der Universität Bielefeld
Kurs: Medienkompetenz für die digitale Welt. Ein praktischer Wegweiser
Książka: Text: Medien.Didaktik
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Data: niedziela, 18 maja 2025, 03:52

7.1 Didaktische Analyse: Was ist Ihr Lerngegenstand?

Stop and Think

Was wissen Sie bereits über Mediendidaktik? In welchen Lehr-Lern-Kontexten nutzen Sie bereits Medien/setzen Sie bereits Medien ein? Welches Vorwissen ist dafür notwendig? Falls Sie Schulungsangebote konzipieren: Welches Vorwissen erwarten Sie bei Ihren Teilnehmer*innen?

Sie haben in Ihrem Unternehmen den Auftrag bekommen, a) eine digitale Schulung zu einem betrieblichen Fachthema durchzuführen und wollen dabei Medien einsetzen? Oder Sie werden sogar b) eine digitale Schulung zum Thema »Medien« geben – also quasi eine Schulung mit Medien über Medien? Oder Sie sind c) als (angehende) Lehrkraft gefordert, eine Lehrprobe mit Medieneinsatz vorzubereiten? Oder d) Sie sollen ein Angebot in der Jugendarbeit gestalten, in dem Sie mit den Kindern die Chancen und Risiken digitaler Medien thematisieren – also eine Stunde zu »Medienerziehung«? Dann sind Sie als Lehrende in dieser Einheit genau richtig. Unter Lehrenden verstehen wir ebenso Trainer*innen, Moderator*innen und Referent*innen, solange Sie sich in einer lehrenden Rolle befinden.

Über die Einleitung haben Sie hiermit den ersten wichtigen Aspekt im Kontext der Mediendidaktik kennengelernt, nämlich den Unterschied zwischen »Lernen mit Medien« und »Lernen über Medien« (siehe Rummler et al., 2020).

Während es bei a) und c) darum geht, ein fachliches Thema (beliebiger Lerngegenstand) unter Nutzung digitaler Medien aufzuarbeiten – also Lernen mit Medien – geht es bei b) und d) vielmehr darum, Medien als Lerngegenstand zu betrachten und auf den Erwerb von Medienkompetenz bei den Lernenden abzuzielen – also Lernen über Medien. Die Szenarien b) und d) sind also dementsprechend eher ein Sonderfall – wobei im Idealfall stets beide Facetten berücksichtigt werden sollten.

7.2 Medien als Lehrende*r selbst zu Visualisierungszwecken nutzen vs. Lernende mit Medien arbeiten lassen

Ein weiterer Aspekt lässt sich an den eingangs geschilderten Anwendungsszenarien verdeutlichen: Beim Lernen mit und über Medien ist relevant, wer die Medien nutzt: Ist es 1.) die Lehrperson (s.u.), dann stellen sich ganz andere Fragen als in Fall 2.), wo die Lernenden selbst mit Medien arbeiten sollen.

  1. Ist es die Lehrperson, die Medien einsetzt, muss sich diese z.B. Fragen nach Zugänglichkeit und Barrierefreiheit in der Darbietung stellen: Die Lernenden sind in diesem Szenario eher rezipierend (vgl. Einheit Medien.Rezeption) als aktiv gestaltend.
  2. Sollen die Lernenden selbst Medien nutzen, gibt es wiederum zwei Sub-Szenarien: einmal ein Szenario, wo die Lernenden Apps etc. anwenden oder Erklärvideos schauen, um Fachwissen zu erwerben (z.B. Mathesoftware) und ein anderes Szenario, wo die Lernenden selbst produzierend tätig werden, z.B. bei der Erstellung eigener kleiner Videos, die später im Intranet oder in sozialen Medien veröffentlicht werden (vgl. Einheit Medien.Gestaltung). Die Frage nach der Zugänglichkeit der Medien stellt sich in diesem zweiten Fall ebenso.

All diese Fälle sollen unter mediendidaktischen Gesichtspunkten in dieser Einheit besprochen werden.

Stop and Think

Denken Sie an Ihren eigenen Kontext: Wie werden Sie Medien nutzen – eher darbietend für die Lernenden oder eher die Lernenden zur aktiven Nutzung anregend?

7.3 Welche Begrifflichkeiten muss ich kennen?

Bevor wir inhaltlich tiefer einsteigen, stellt sich die Frage, was Mediendidaktik überhaupt meint: Für die Definition teilen wir die Begriffe einmal auf: Unter ›Medien‹ können zwar im weiten Sinne alle »Transportvehikel« von Informationen verstanden werden, also auch Bücher, Zeitungen, Flyer etc., aber im engeren Sinne beschäftigt sich dieser Kurs mit den sogenannten ›digitalen Medien‹. Hierunter fallen die klassische Hardware, also Rechner, Beamer etc., aber z.B. auch Augmented Reality-Brillen oder Lego-Roboter. Auf diesen Geräten wird dann verschiedene Software installiert, z.B. Apps zur Erstellung von Präsentationen oder auch Apps, welche ebenfalls als digitale Medien bezeichnet werden (vgl. Einheit Medien.Begriffe).

›Didaktik‹ ist im weitesten Sinne die »Wissenschaft vom Lernen und Lehren«, sodass sich beim Zusammensetzen der Begriffe demnach als Arbeitsdefinition für Mediendidaktik»Wissenschaft vom Lernen und Lehren mit und über Medien« ergibt.

Take Home Messages
  • Der Begriff ›Medien‹ ist weit gefasst und schließt auch analoge Medien ein.
  • ›Mediendidaktik‹ bezieht sich auf die Wissenschaft vom Lehren und Lernen mit speziellem Fokus auf Medien, die ebenfalls sowohl Lernen mit als auch Lernen über Medien berücksichtigt.
Stop and Think

Welche digitalen Medien eignen sich für Ihre Aufgabe? Welche digitalen Medien setzen Sie häufiger ein und womit begründet sich Ihre Medienwahl? Gibt es digitale Medien, die Sie gerne verstärkt einsetzen würden? Warum? Warum nicht?

7.4 Teilnehmer*innen als Rezipient*innen

Schauen wir uns nun die genannten Anwendungsfelder einmal näher an und starten mit dem Szenario, in dem es um ein fachliches Thema geht und in dem Sie als Lehrende*r Medien aktiv nutzen (z.B. für Beamerpräsentationen), aber Sie diese Bedienkompetenz nicht von den Lernenden einfordern. Bei diesem Setting müssten Sie insbesondere sicherstellen, dass die Zugänglichkeit der dargebotenen Informationen für die Lerngruppe gewährleistet ist. Es sollte Barrierefreiheit hergestellt werden – in dem Sinne, dass die angebotenen Inhalte »wahrnehmbar, bedienbar und verständlich« (siehe Einheit Medien.Gestaltung) sind.

7.5 Barrierefreiheit

Der Begriff ›Barrierefreiheit‹ orientiert sich dabei meist an »Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit und Verständlichkeit« sowie »Robustheit« auf technischer Ebene (https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/wcag/wcag-artikel.html ). Für sehbeeinträchtigte Personen, die einen Screenreader nutzen, ist es bspw. von großer Wichtigkeit, dass Dokumente, Websites und andere digitale Formate und Dateien für sie (vor)lesbar sind. Gerade bei der Erstellung von PDFs ist Vorsicht geboten, da die Auswahl ungünstiger Einstellungen die Dokumente beim Export ins PDF selbst für moderne Screenreader undurchdringlich werden lassen können

Stop and Think

Testen Sie selbst die Funktionsweise eines Screenreaders. Dies geht sowohl mit eingebauten Funktionen, wie »Laut vorlesen« in Schreibprogrammen oder im Browser, als auch mit extra Software. Ein Beispiel ist der kostenlose Open-Source-Screenreader NVDA: https://nvda.bhvd.de/

Alternativ schauen Sie sich in diesem Video der Zentralen Anlaufstelle Barrierefrei an, wie eine fehlerhafte Seite vorgelesen wird: https://www.youtube.com/watch?v=tgUXUEYqc94

Die Berücksichtigung von Barrierefreiheit ist für Internetseiten bereits in den WCAG-Richtlinien gesetzlich verankert. Für Details hierzu sei auf Einheit Medien.Gestaltung verwiesen. Wer seine Word-Dokumente im Hinblick auf Barrierefreiheit überprüfen möchte, findet dazu z.B. unter dem Reiter »Überprüfen« den Punkt »Barrierefreiheit überprüfen«. Für weitergehende Prüf-Tools sei exemplarisch auf die Seite der Zentralen Anlaufstelle Barrierefreiheit der Universität Bielefeld verwiesen, wo viele Tipps zur barrierefreien Gestaltung von Word-, PDF-Dokumenten sowie PowerPoint-Präsentationen zu finden sind (https://www.uni-bielefeld.de/einrichtungen/zab/digitale-barrierefreiheit/barrierefreie-dokumente/anleitungen/). Ein Prüfen der Barrierefreiheit ist über den BIK BITV-Test, einem Verfahren auf Basis der BITV 2.0/EN 301 549 möglich: »Grundlage für den BITV-Test ist die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung« (https://www.gesetze-im-internet.de/bitv_2_0/BJNR184300011.html ). Der Test bezieht also die neuen Anforderungen der WCAG 2.1 mit ein.

Manche Tipps zur Berücksichtigung von Barrierefreiheit mögen widersprüchlich zu in anderen Kontexten gelernten Aspekten erscheinen: z.B. die Aussage »Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte«, die einigen von Ihnen vielleicht aus Präsentationsseminaren geläufig ist. Diese Regel scheint zunächst im Widerspruch zu sparsamer Bebilderung (vor dem Hintergrund der Barrierefreiheit) zu stehen. Gemeint ist jedoch insbesondere der Verzicht auf Bilder, die zu rein dekorativen Zwecken eingesetzt werden, nicht aber der Verzicht auf Sinn stützende Visualisierungen. Dient die Visualisierung der Untermauerung oder Verständlichkeit der Aussagen im Text, sind Bilder nach wie vor sinnvoll zur Veranschaulichung, sofern sie mit erklärenden Alternativtexten bzw. Audiospuren versehen sind. Es gilt jedoch im Kopf zu behalten, dass Lernende unterschiedliche Bedarfe haben können, die, konsequent gedacht, die Darbietung mehrerer Alternativ-Versionen zur Folge haben müssten, z.B. die Funktion Untertitel ein- und auszublenden.

7.6 Universal Design und Universal Design for Learning

Ein Konzept, das weiter reicht als das der technischen Barrierefreiheit, ist das des Universal Designs. Zu den sieben Prinzipien dieses ursprünglich aus der Architektur stammenden Prinzips gehören:

  1. breite Nutzbarkeit,
  2. Flexibilität in der Benutzung,
  3. einfache und intuitive Benutzung,
  4. sensorisch wahrnehmbare Informationen,
  5. Fehlertoleranz,
  6. niedriger körperlicher Aufwand sowie
  7. Größe und Platz für Zugang und Benutzung (in Anlehnung an: Institut für Universal Design).

Das Universal Design verfolgt damit einen Ansatz, der von Anfang an die Zugänglichkeit für alle Nutzer*innen auf verschiedenen Ebenen herstellt. Eine Weiterentwicklung dieser Prinzipien für den Kontext der Bildung (Universal Design for Learning, im Folgenden auch UDL genannt) versucht, die Vielfalt beim Lernen im Hinblick auf a) Lernengagement, b) Informationsrepräsentation und c) Informationsverarbeitung Rechnung zu tragen (CAST 2024). Konkret bedeutet die Berücksichtigung des UDLs: Es sollen möglichst viele verschiedene Lernwege und Kanäle bereitgestellt werden, um den Lerngegenstand auf vielfältige Weise zugänglich zu machen:

  • Es soll Lernengagement gefördert werden, indem Lerninteresse geweckt wird, Anstrengung und Ausdauer aufrechterhalten werden und selbstreguliertes Lernen unterstützt wird (Schulz/Böttinger 2021).
  • Es soll eine multiple Repräsentation von Informationen angeboten werden. Dies bedeutet u.a. die Wahlmöglichkeit der Wahrnehmungskanäle (z.B. visuell, auditiv, haptisch) sowie Wahlmöglichkeiten für Sprache und Symbole etc. (ebd.).
  • Es soll eine multiple Verarbeitung von Informationen und Darstellung von Ergebnissen geben. Dies bedeutet u.a., dass auch motorische Handlungen ermöglicht werden sollen und verschiedene Optionen für Ausdruck und Kommunikation angeboten werden (ebd.). Hier steht insbesondere die eigene Darstellung von Ergebnissen und die Erstellung eigener Produkte im Fokus.

Hier finden Sie eine Einführung in das UDL der ZAB als Video:


Zur Verdeutlichung hier ein paar Beispiele, die das UDL im Ansatz berücksichtigen:

Beispiele

Situation A »Verhalten im Brandschutzfall«: Die Darbietung des Verhaltens im Brandfall könnte einerseits über eine PowerPoint-Präsentation gezeigt werden. Andererseits können als alternative Darbietungsformen auch Erklärvideos zur Verfügung gestellt werden, sodass die Lernenden selbst wählen können, ob sie über den Kanal des Hörens lernen möchten oder über den Kanal des Sehens.

Situation B »Werbekampagne«: Für ein Unternehmen soll eine Werbekampagne entwickelt werden. Die Lernenden können selbst entscheiden, welchen Kanal der Außenwirkung sie fokussieren wollen. Dementsprechend wäre die Produktion von Printmedien, Social Media, Podcasts, Videoclips usw. möglich.

Situation C »Erstellung eines Desserts«: Es sollen Abläufe zur Erstellung eines Desserts in einer Großküche erlernt bzw. wiederholt und gefestigt werden. Wenn die Lernenden hier selbst entscheiden können, um welches Dessert es sich bei dieser Aufgabe handeln soll, steigert dies vermutlich das Lerninteresse und die Motivation.

Stop and Think

Was war überraschend für Sie? Was möchten Sie mitnehmen als Messages to Take Home?

Take Home Messages
  • Mediale Lehr-Lern-Arrangements sollten von Beginn an die Verschiedenheit der Lernenden mitdenken.
  • Mediale Lehr-Lern-Arrangements sollten so gestaltet sein, dass sie über multiple Repräsentationen zugänglich und nutzbar für ALLE sind. Dies kann über die Prinzipien des UDLs erreicht werden.
  • Mediale Lehr-Lern-Arrangements sollten technisch barrierefrei sein, sodass sie zugänglich und nutzbar für ALLE sind.

7.7 Teilnehmer*innen als Mediennutzer*innen

Wenn es darum geht, dass die Lernenden selbst mit digitalen Medien arbeiten sollen, besteht für die Lehrperson ebenfalls die Aufgabe, barrierefreie Materialien, die den Prinzipien des UDLs Rechnung tragen, zur (Weiter-)Arbeit auszuwählen. Barrierefreiheit meint in diesem Kontext, dass z.B. bei eingesetzten Medien Schriftgrößen durch die Nutzer*innen anpassbar sind und Kontraste zwischen Schrift und Hintergrund einstellbar sind sowie dass leichte Sprache gewählt werden kann etc.

Sind Bilder vorhanden, sollten diese über einen Alternativtext verfügen. Bei Videos sollten Untertitel zuschaltbar sein. Zur Erhöhung der Lesbarkeit von Texten mit Screenreadern sollte mit Formatvorlagen gearbeitet werden. Es sollte auf Text/relevante Inhalte in Kopf- und Fußzeilen verzichtet werden usw.

Zudem besteht eine große Herausforderung darin, potenzielle technische Schwierigkeiten im Vorfeld so gut wie möglich aus dem Weg zu räumen. Bringen die Teilnehmer*innen eigene Geräte mit (Bring Your Own Device), ist grundsätzlich das Problem von Datenschutz und Datensicherheit vorab zu klären. Im weitaus häufigeren Fall von Betriebs- oder Schul-PCs kann potenziellen technischen Schwierigkeiten vorgebeugt werden, indem Sie sich folgende Leitfragen stellen:

  • Welche Software ist vorinstalliert?
  • Benötigt es Kennwörter (insbesondere im Falle geschützter Firmen-PCs oder im Falle eines externen Internetzugangs) oder Administratorenrechte, um sich einzuloggen bzw. um etwas herunterzuladen? Wenn ja, welche?
  • Ist die Ansicht auf allen PCs ähnlich oder gleich und was ist der »Plan B« im Falle unterschiedlicher Ansichten und Funktionalitäten – z.B. bedingt durch unterschiedliche Betriebssysteme oder Browser oder Programmversionen?
  • Läuft die Software, die ich benötige, auch auf Tablets (z.B. Videokonferenzsysteme im Falle von Betriebstablets)?
  • Wie gehe ich mit unterschiedlicher Bedienkompetenz der Teilnehmer*innen um? (Zeitpuffer einplanen!) Kann ich eventuell Lerntandems aus leistungsstärkeren und weniger computeraffinen Personen zusammenstellen?
  • Welche Telefonnummer/Chat kann ich im Falle von technischen Schwierigkeiten wählen/anschreiben?

Eine wie im letzten Spiegelstrich erwähnte Support-Hotline ist von besonderem Interesse, da der*die Lehrende sich im Falle von Einzelschwierigkeiten nicht immer um ein individuelles Coaching kümmern kann, sondern die Unterstützung der gesamten Lerngruppe im Blick halten muss. Somit ist zu überlegen, ob die Startphase wichtiger Seminareinheiten im Idealfall zu zweit moderiert werden kann. Auch den geplanten Ablauf im Hinblick auf den Medieneinsatz zunächst einmal ohne Teilnehmer*innen »durchzuspielen«, kann hilfreich sein.

Stop and Think

Erstellen Sie eine Checkliste für Ihren Anwendungskontext und vermerken Sie auf einer To-Do-Liste, was in Ihrem Betrieb/Ihrer Institution zu beachten ist. Wer könnte Sie ggf. bei der Moderation Ihrer Lerneinheit unterstützen?

7.8 Kriterien für die Auswahl von Medien

Unterstellen wir, dass die Eingangsvoraussetzungen positiv geklärt sind und die Bedienkompetenz der Teilnehmer*innen ausreicht, um sich allein in den zur Nutzung vorgeschlagenen Programmen zu orientieren. Dann ist die Frage aufgeworfen, nach welchen Kriterien Apps und Programme ausgewählt werden können (z.B. Mathe-Apps etc.).

Bitte prüfen Sie im nächsten Schritt:

  • Sind die Inhalte fachlich korrekt?
  • Sind die Inhalte klar und übersichtlich strukturiert?
  • Gibt es Möglichkeiten zur Interaktion und/oder Kollaboration?
  • Ist die App/Software wirklich eine Arbeitserleichterung? Oder stehen Form und Inhalt, Aufwand und Nutzung des Einsatzes in keinem gewinnbringenden Verhältnis?
  • Funktioniert die App/Software stabil (z.B. die technische Qualität der Bildübertragung oder die Zuverlässigkeit der Internetverbindung im Falle von Videokonferenzsystemen)?
  • Wie aktuell ist die App/Software? Sind Support-Angebote des Anbieters noch ausreichend vorhanden? Oder ist eine herausfordernde Umstellung der einzusetzenden App/Software bereits absehbar?
  • Im Idealfall: Gibt es die Möglichkeit zur Individualisierung bzw. Binnendifferenzierung, sodass auch digital dargebotene Fachinhalte an den jeweiligen Lernstand angepasst werden können (z.B. in sogenannten ›MOOCS‹, Massive Open Online Courses)?
  • Im Idealfall: Wird die Autonomie der Lernenden unterstützt, z.B. durch Feedback/Reflexionsfragen zum eigenen Lernstand oder Vorwissen und Ideen zum Weiterlesen?
  • Im Idealfall: Können entstehende Materialien als OER bereitgestellt werden? OER steht für Open Educational Ressources, also freie Bildungsressourcen, die (je nach gewähltem Lizenzmodell) wiederverwendet, geteilt und z. T. auch verändert werden dürfen, sodass sie an die jeweilige Lerngruppe angepasst werden können.

Für spezielle Kontexte, z.B. wenn Sie im Bereich der sonderpädagogischen Förderung tätig sind, kommen als Auswahlkriterien nach Reber (2021) zudem weitere Kriterien in Betracht: Adaptivität an einzelne Lernschritte (z.B. durch Einstellmöglichkeiten), Kleinschrittigkeit, ein effektives Verhältnis von Lernzeit und -inhalt, Angebote zur Aufmerksamkeitslenkung (z.B. im Sinne von Pop-Ups mit Aufforderungscharakter, die die Aufmerksamkeit zur Aufgabe zurücklenken), Zuschaltmöglichkeit von Hilfestellungen (wie z.B. auch bei Digitalen Assistenzarbeitsplätzen im betrieblichen Kontext). So führt Reber (2021) als sprachheilpädagogische und sprachtherapeutische Kriterien ergänzend an:

  • ein motivierender Kontext, der vielfältige Sprechanlässe schafft,
  • Orientierung an Modellen des Schriftspracherwerbs sowie Spracherwerbs,
  • Anpassbarkeit an sprachliche Zielstrukturen,
  • lautgetreues Wortmaterial, dann
  • phonologische, morphologische und orthografische Besonderheiten.

Mit Bezug auf die Aussprache merkt Reber an, dass Laute in verschiedenen Wortpositionen auftauchen sollten, dass unterschiedliche Strukturen eingeübt werden (einfache bis komplexe Silben) und auf verschiedenen Ebenen agiert wird (Geräusch-, Laut-, Silben-, Wort-, Satz-, Textebene). Zum Thema »Wortschatz« fordert sie, dass eine Wortauswahl möglich sein sollte, Wortfelder angeboten werden, Übungen zu Speicherung bzw. Abruf und Artikelverwendung zur Verfügung stehen. Bezogen auf die Grammatik weist sie auf die Wichtigkeit hin, die Zielstrukturen entsprechend der grammatikalischen Entwicklung anpassbar zu machen, und im Hinblick auf Kommunikation und Pragmatik stellt sie die Forderung nach Erzählanlässen (Reber 2021; vgl. auch Reber 2004; 2016).

Sollten Sie jetzt entgegnen, dass diese Spezifika für Ihre Lerngruppe nicht relevant sind, reflektieren Sie gerne, ob lernunterstützende Didaktik nicht dennoch für ALLE sinnvoll sein könnte. Die meisten haben vermutlich schon einmal eine Situation erlebt, in der sie temporäre Lernschwierigkeiten hatten, z.B. im Falle von Stress im persönlichen Umfeld oder im Falle eines Blackouts bei Prüfungen. Somit ist überlegenswert, ob die Aspekte, die von Reber speziell dem sonderpädagogischen Bereich zugeschrieben werden, nicht für jede*n hilfreich sein könnten.

Eine Ausnahme stellt, wie in vielen wissenschaftlichen Konferenzen diskutiert, die Auswahlmöglichkeit leichter Sprache für den universitären Kontext dar – geht es hier doch um die Vorbereitung auf anspruchsvolle Arbeitskontexte, die einer Komplexitätsreduktion diametral entgegenzustehen scheinen, sodass in diesem Fall von der Auswahlmöglichkeit leichter Sprache abzusehen ist. In abgemilderter Form gilt dies auch für betriebliches Lernen. Wenn es um fachliches Lernen geht, ist das Angebot leichter Sprache zumindest ambivalent, weil der Erwerb einer angemessenen Fachsprache zugleich ein fachliches Lernziel darstellt. Allerdings erscheint es (im Sinne von Zugänglichkeit) dennoch sinnvoll, entsprechend der eigenen Zielgruppe die Inhalte möglichst verständlich, leicht und motivierend zu formulieren.

Stop and Think

Welche der genannten Kriterien sind für Sie/für Ihre Zielgruppe besonders relevant? Bitte gewichten Sie diese.

In Bezug auf den Einsatz und die Bereitstellung von Lern- oder Erklärvideos durch die Lehrperson sind zusätzlich zur Prüfung der fachlichen Korrektheit und der OER-Freigabe ähnliche Aspekte wie bei der App-Auswahl zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind auch noch zusätzliche Kriterien zu bedenken:

  • … ob die Quelle seriös ist
  • … ob die Ladezeit des Videos angemessen ist
  • … ob Qualität von Ton und Bild akzeptabel sind
  • … ob die Intro-Folie aussagekräftig ist (Titel, Thema etc.)
  • … ob in der Struktur des Videos Advance Organizers eingebaut sind, die die Gliederung des Videos verdeutlichen
  • …ob es auch zusammenfassende Elemente am Schluss gibt, die das Wesentliche resümieren
  • …ob das Video klare Textmarkierungen hat, die das Springen zu einzelnen Einheiten ermöglicht
  • … ob das Video abstrakt ist oder mit vielen Beispielen arbeitet und an die Lebenswelt anknüpft
  • … ob das Lernvideo die Gesamtlänge von max. 5-10 Minuten nicht überschreitet
  • … ob Untertitel zugeschaltet werden können
  • … ob im Idealfall verschiedene Versionen für verschiedene Zielgruppen zur Verfügung stehen (Sprachauswahl, Gebärdensprache zuschaltbar, reizarme Version etc.)
  • … ob »nur« die Bildschirmansicht abgefilmt wurde oder auch der*die Vortragende sichtbar ist oder ob es sich um ein Legetrickvideo handelt
  • … ob das Sprechtempo der*s Vortragenden angemessen ist
  • … ob die Sprachmelodie der*s Vortragenden abwechslungsreich oder monoton ist
  • … ob die »Dramaturgie« des Videos spannend ist (Spannungsbogen)
  • … ob das Video altersentsprechend mit Blick auf die Zielgruppe gestaltet ist
  • … ob das Schwierigkeitsniveau passt (Erläuterung von Fachtermini etc.)
  • … ob Verständnisfragen oder andere Elemente zur Sicherung einbaut sind
  • …ob es Begleitmaterial zum Nachlesen gibt bzw. interaktive Elemente zum Einüben des Gelernten
  • … ob das Video mit Musik unterlegt ist oder nicht (hat Vor- und Nachteile)
Literatur- und Web-Tipps

Checklisten zur Überprüfung der Qualität von Erklärvideos finden sich bei zahlreichen Universitäten und Medienzentren im Netz (z.B. vom Medienzentrum Frankfurt: https://medienzentrum-frankfurt.de/videoserie-erklaervideos-files?folder=bewertungsbogen ). Besonders hingewiesen werden soll an dieser Stelle auf die »Checkliste für Erklärvideos. Kriterien zur Beurteilung im Unterricht« der RWTH Aachen, die mit einer Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Bezug auf Physik und Technik erstellt wurde (Albert o.J.) und als Anhaltspunkt für einen Transfer auf andere Bereiche dienen kann.

 Aufgabe

Bearbeiten Sie die folgende Aufgabe: Barrierefreiheit in Lehr-Lern-Arrangements

Take Home Message

Nutzen Sie Checklisten, um mediale Angebote auf ihre Geeignetheit zu überprüfen. Dabei muss immer mitgedacht werden, für welche Zielgruppe das Medium eingesetzt werden soll.

MOOC

Massive Open Online Course

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7.9 Sonderfall assistive Technologien

Ein Sonderfall digitaler Medien sind die sogenannten ›assistiven Technologien‹, die bei der didaktischen Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements zu berücksichtigen sind. Assistive Technologien bezeichnen Medien, die einzelne Personen nutzen, um individuelle Beeinträchtigungen teilweise auszugleichen oder Barrieren im Alltag zu meistern. Dazu zählen z.B. Screenreader, Talker/Sprachcomputer etc. In der vorliegenden Einheit wird der Abschnitt hierzu nur der Vollständigkeit halber kurz und knapp angerissen, weil die Hilfsmittel häufig personalisiert sind. Die Anwendenden verfügen selbst zumeist über höhere Expertise als der*die Lehrende, der*die mit der Technologie nur oberflächlich vertraut sein kann, weil die stetige Anwendungsmöglichkeit im Alltag fehlt. D.h., hier ist etwas weniger die Verantwortung des Lehrenden gefragt und etwas mehr die Eigenverantwortung der Lernenden.

Wohl aber in der Verantwortung der*des Lehrenden steht die Aufgabe, Lernende darauf hinzuweisen, dass sie auf ihren digitalen Endgeräten (Tablets und Smartphones) die Eingabehilfen aktivieren können, die ggf. die Rezeptionsmöglichkeiten von Inhalten verbessern. Wo diese zu finden sind, variiert je nach Hersteller, aber zumeist finden sich unter »Einstellungen« mehrere Reiter zu »Eingabehilfen«, »Bedienungshilfen« oder »Erleichterte Bedienung«, über die Sehhilfen, Hilfen bei Hörbehinderung, Text-to-Speech-Funktionen oder Speech-to-Text sowie diverse Eingabefunktionen (Eingabehilfen, Einfaches Tippen etc.) aktiviert werden können.

 Aufgabe

Bearbeiten Sie die folgende Aufgabe: Bedienungshilfe testen

7.10 Teilnehmer*innen als Produzent*innen

Den bisherigen Ausführungen lag die Annahme zugrunde, dass die Teilnehmer*innen die Nutzer*innen bereits bestehender medialer Angebote sind. Die Besonderheit der Kultur der Digitalität liegt jedoch darin, dass jede*r selbst Produzierende*r werden kann: Digitale Medien bieten großes Potenzial für Selbstausdruck und Selbstartikulation (vgl. Einheit Medien.Gesellschaft). Insbesondere in der Jugendarbeit stellt »aktive Medienarbeit« eine bedeutsame Facette handlungsorientierter Pädagogik dar:

»Aktive Medienarbeit ist ein wichtiges Teilgebiet der handlungsorientierten Medienpädagogik.Die aktive Gestaltung mit Medien bietet insbesondere Kindern und Jugendlichen Chancen, um eigene Bedürfnisse und Interessen mittels Druck- und Tonmedien, Foto, Video/Film und digitalen Medien in verschiedenen Öffentlichkeiten zu artikulieren..« (Niesyto 2009: 855)

Sollen die Teilnehmer*innen selbst aktiv werden, sind jedoch ganz andere – eher medienpraktisch orientierte Fragen – vor dem Start zu beantworten. Es geht bspw. um eine Vorbereitung der Medienproduzierenden im Hinblick darauf, welche Programme zur Verfügung stehen, bzw. es geht um eine Einführung in die Funktionalitäten derselben.

Tipps

Für die eigene Erstellung von Videos könnten bspw. Camtasia (https://www.techsmith.de/camtasia.html ) oder Panopto (https://www.panopto.com/de/ ) genutzt werden.

Für die Erstellung eigener Quizzes würden sich bspw. H5P (https://h5p.org/ ) oder Learning Apps (https://learningapps.org/ ) eignen.

Was im Einzelfall geeignet ist, hängt von den geplanten Nutzungsszenarien ab, aber auch von ganz pragmatischen Erwägungen, wie z.B. den Lizenzen, die in der Einrichtung/im Betrieb vorhanden sind. Zudem muss einschränkend erwähnt werden, dass der Softwaremarkt sehr schnelllebig ist, sodass eine Einzelvorstellung bestimmter Softwareprogramme an dieser Stelle nicht sinnvoll erscheint. Oft gibt es auchOpen-Source-Varianten (also Software, die unter einer nicht kommerziellen Lizenz veröffentlicht wird und in der die*der Urheberrechtsinhaber*in den Nutzer*innen kostenfrei gestattet, diese zu verwenden) als günstige Alternative zu kommerziellen Angeboten, die dann manchmal jedoch wiederum nur eingeschränkte Funktionalität bieten. Zum Ausprobieren sind sie häufig ausreichend, sodass diese Option geprüft werden sollte. Wichtig ist für Sie als Lehrende, dass Sie sich Gedanken darüber machen, ob es technische Installationsvoraussetzungen gibt (z.B. Leistungsfähigkeit und Speicherkapazität der zur Verfügung stehenden Geräte), aber auch darüber, ob die Tools kollaborativ, d.h. gemeinsam nutzbar sind, ob die Ergebnisse downloadbar sind und insbesondere auch dazu, wie sicher die Programme im Hinblick auf Datenschutz gestaltet sind. Handelt es sich um außereuropäische Server oder ist die Nutzung nur bei Einwilligung zu Werbe-Cookies möglich, ist Vorsicht geboten. Bei minderjährigen Lernenden, z.B. im Kontext der außerschulischen Jugendarbeit, braucht es zudem häufig die Zustimmung der Eltern zur Nutzung der Programme. Schlussendlich sind organisatorische Fragen zu klären, die bspw. die Räumlichkeiten betreffen, in denen gearbeitet wird: Gibt es ein Medienlabor mit professioneller Ausstattung für Beleuchtung und Schallschutz bei den Aufnahmen (z.B. für die Erstellung von Legetrick- oder Stop-Motion-Filmen), oder müssten die Teilnehmer*innen mit eigenen Handys und improvisierten Hintergründen arbeiten? Im letztgenannten Fall sind Abstriche im Hinblick auf die Qualität der Ergebnisse zu erwarten.

Stop and Think

Falls nicht bereits geschehen: Führen Sie eine »IST-Analyse« der medialen Ausstattung in Ihrem Betrieb/Ihrer Institution durch. Erstellen Sie anschließend eine Checkliste, welche die für Sie relevanten organisatorischen Fragestellungen dieses Abschnitts zusammenfasst.

Besonders wichtig ist, Lernende zu einer sorgfältigen Ausarbeitung ihres Drehbuchs vor der Medienproduktion anzuregen. So müssen Requisiten, Beleuchtung, Kameraperspektiven und Schnitte genau geplant werden. Hier spielen auch ästhetische Planungsaspekte eine Rolle. Gehen die Medienproduzierenden über diese Planungsphase schnell und oberflächlich hinweg, besteht die Gefahr, dass die Arbeit in eine falsche Richtung läuft und später größere Überarbeitungen erforderlich werden.

Weitere Fragen der didaktischen Planung sind nicht medienspezifisch, sondern wären auch ohne ein mediendidaktisches Setting relevant, nämlich z.B. zuvorderst die Frage nach dem Ziel (in diesem Fall dem Ziel der Medienproduktion bzw. des Films) und die Frage nach der fiktiven Zielgruppe (in diesem Falle die Zielgruppe, für die der Film, Podcast etc. gedreht bzw. aufgenommen werden soll). Außerdem ist die Frage zu klären, wie die Gruppenkonstellation von Personen aussehen kann, die gemeinsam an einem Thema arbeiten, welche zeitlichen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen usw.

Take Home Messages
  • Prüfen Sie, welche Voraussetzungen in Ihrem Betrieb/Ihrer Einrichtung vorliegen.
  • Erstellen Sie einen Projektplan (siehe Einheit Medien.Gestaltung): Planen Sie genügend Zeit für die Planung medialer Projekte (Drehbuch & Co.) ein.
Stop and Think

Erstellen Sie ein Erklärvideo, in dem Sie das Medienkonzept für Ihre Einrichtung, für Ihren Betrieb, uaw. darstellen. Investieren Sie ausreichend Zeit in die Erstellung des Drehbuchs (siehe Einheit Medien.Gestaltung). Können Sie sich vorstellen, Ihr Video als OER zur Weiterbearbeitung/-nutzung für Dritte freizugeben? Warum/warum nicht?

7.11 Lerngegenstand ›Medien‹ – oder anders: Wie unterrichte ich kritischen Umgang mit Medien?

Alle bisherigen Ausführungen gingen davon aus, dass der Lerngegenstand nicht das Thema »Medien« war (= Lernen über Medien), sondern ein fachliches Thema – z.B. aus dem betrieblichen Kontext. Nun soll der Blick auf den eingangs skizzierten Sonderfall gelegt werden, dass nicht mit Medien gelernt wird, sondern über Medien. Diese Bewusstseinsschärfung im Sinne eines umfassenden Medienkompetenzerwerbs gehört in der Medienbildung zum Bildungsauftrag. Neben den Facetten ›Medienkunde‹, ›Mediennutzung‹ und ›Mediengestaltung‹ nennt Baacke als zentrale weitere Säule die der ›Medienkritik‹ (siehe Einheit Medien.Begriffe).

Damit ist gemeint, dass Lernende Medien nicht nur bedienen können sollen, sondern sich auch der Gefahren im Netz bewusst sein sollen. Dies impliziert Fragen des Datenschutzes und des digitalen Kapitalismus, aber auch alle Fragen bzgl. Cyberkriminalität, Fake News, Hate Speech und Mobbing (siehe Einheit Medien.Identität). Mediennutzer*innen sollten diesbezüglich eine kritische Haltung entwickeln, im Rahmen derer sie die Seriosität aller Medienangebote prüfen – z.B. mit Blick auf Vollständigkeit des Impressums, eventuelle Rechtschreibfehler etc. Der Frage, ob eine Quelle seriös ist, kann sich auch über sogenannte Plagiatsfinder-Software angenähert werden, denn hierdurch wird schnell deutlich, ob der*die Verfasser*in nach wissenschaftlichen Kriterien gearbeitet hat.

Stop and Think

Geben Sie einen Textausschnitt aus Ihrem eigenen Text testweise in einen Plagiatsfinder ein, um die Arbeitsweise eines Plagiatsfinders kennenzulernen.

Recherchieren Sie ein Bild aus dem Internet (News zu aktuellem Tagesgeschehen). Welche Aspekte deuten darauf hin, dass es sich hier um ein »echtes« Bild handelt, welche darauf, dass es sich um eine Fotomontage handelt?

Literatur- und Web-Tipp

Zur Aufklärung von Internetbetrug und Falschmeldungen gibt es einige Plattformen. Eine besonders zuverlässige und gut recherchierte Seite ist Mimikama (https://www.mimikama.at/ ). Finden Sie dort das von Ihnen im vorherigen Schritt ausgewählte Bild bzw. den Artikel?

Dass Mailanhänge nicht geöffnet werden sollten, wenn der*die Absender*in dubios erscheint oder Spamverdacht wegen Geldversprechen o.ä. besteht, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, kann aber nicht oft genug erwähnt werden. Schließlich hat sich Prenskys (2001) Hoffnung, dass wir alle als Digital Natives zur Welt kommen und quasi automatisch Kompetenzen im Umgang mit Medien erwerben würden, nicht erfüllt (siehe Einheit Medien.Gesellschaft).

Zum Lernen über Medien gehören zudem Aspekte wie: Wie findet man OER-Materialien, die zur Weiternutzung unter einer CC-Lizenz freigegeben sind? Und wie zitiert man sie? Wie vermeidet man Plagiat (s.o.) und weitere Fragen des Urheberrechts. Details hierzu sind Gegenstand der Einheit Medien.Gestaltung und werden an dieser Stelle nicht vertiefend erörtert. Ein gewisser Überblick über das Themenspektrum ist jedoch auch an dieser Stelle nötig, um aufzuzeigen, dass der Erwerb einer medienkritischen Haltung eine ganz andere Art von Mediendidaktik erforderlich macht als bspw. der Erwerb von Bedienkompetenz. Bei der Vorstellung fachlicher Software und der Erläuterung ihrer Funktionalitäten handelt es sich um kognitive Wissensbestände, die auswendig gelernt und wiedergegeben werden können. Dies gilt z.T. auch bei Lerngegenständen aus dem Feld »Lernen über Medien«, z.B. bei den Weiternutzungsoptionen von Grafiken unter CC-BY-Lizenzen (siehe Einheit Medien.Gestaltung).

Im Gegensatz dazu sind alle Aspekte, die auf eine medienkritische Haltung abzielen, nicht über Präsentationen und späteres Auswendiglernen abzudecken. Beispiel: Für den Aufbau einer medienkritischen Haltung braucht es z.B. Erfahrungsberichte (bspw. von Personen, die von Datenkraken ausspioniert wurden), Fallbeispiele mit Critical Incidents (z.B. Fotomontagen mit Wirklichkeit verzerrenden Aussagen) oder Analysen der biografischen Entwicklung eines mediensüchtigen Kindes. Diese Erfahrungen könnten z.B. in Kleingruppen diskutiert und später im Plenum kritisch reflektiert werden. Durch eigene Erfahrungen, über AHA-Effekte, durch das Nachempfinden der Erfahrungen Dritter sowie durch interaktive und handlungsorientierte Aufgaben können reflexive Prozesse ausgelöst werden. Es können bspw. auch selbstreflexive Prozesse bezüglich des eigenen Mediennutzungsverhaltens angeregt werden. Ziel ist dabei, Lernprozesse auf höheren Lernzieltaxonomiestufen nach Bloom anzuregen – also abstrakteres Wissen. Hier zeigt sich nun deutlich der Unterschied in Bezug auf Didaktik:

  • Während für den Erwerb von Faktenwissen und die spätere Abfrage von Wissensbeständen der Einsatz von Apps geeignet sein kann – mit Multiple Choice Aufgaben, Lückentexten oder Zuordnungsaufgaben,
  • kann der Erwerb einer medien kritischen Haltung durch dieselben Aufgabenformate weder befördert noch abgeprüft werden.

Dies zeigt übrigens auch deutlich den Zusammenhang zwischen Lerngegenstand, zu wählender Vermittlungsmethode und späterer Prüfungsmethode.

Take Home Message

Digitale Medien stellen eine große Chance für Lehr-Lernszenarien dar, jedoch sollten auch die damit verbundenen Herausforderungen kritisch reflektiert werden (Entwicklung einer medienkritischen Haltung).

Stop and Think

Wo liegt bei didaktischen Planungen der Unterschied zwischen der Vermittlung von ›inhaltlichen Fachthemen‹ als Lerngegenstand und ›Medien‹ als Lerngegenstand?

Wir halten fest: Es ist Aufgabe des*r Lehrenden, jeweils Aufgaben und Vermittlungsformate zu konzipieren, die dem Inhalt angemessen sind. Ist das Ziel, im Unternehmen Fachthemen – z.B. Abläufe im Produktionsprozess – vorzustellen, sind eher darbietende, eng geführte Präsentationsmodi geeignet. Geht es darum, das Medienkonzept in der eigenen Institution zu entwickeln, braucht es offene diskursive Formate wie z.B. Brainstorming. Dabei ist es zunächst sekundär, ob das diskursive Format ›Brainstorming‹ dann klassisch-analog als Dialog zwischen Moderierender*m und Gruppe durchgeführt oder unter Einsatz digitaler Medien, wie z.B. Mindmappingsoftware umgesetzt wird (siehe Einheit Medien.Gesellschaft). Der Inhalt sollte also die Methode bestimmen. Die Frage, ob die Vermittlungsmethoden digital-medial unterstützt werden oder nicht, ist »nur« eine Frage des Vermittlungskanals. Hier wäre der Schluss »je medialer, desto besser« ein Irrtum! Wo Medien als Transportmittel einer Nachricht sinnvoll sind, da sollten sie auch genutzt werden; wo sie ablenken und mehr Arbeit schaffen, als Hilfe zu sein, kann ggf. auch auf Paper-Pencil-Formate zurückgegriffen werden.

Take Home Message

Es ist zu hinterfragen, für welche Lerngruppe, Ziele und Inhalte und Orte der Medieneinsatz geplant wird.

Fake News

Falschnachrichten

×

Paper-Pencil

Papierform

×

7.12 Abschließende Bemerkungen

Sie sind sich vielleicht durch das Lesen dieser Einheit noch einmal stärker der Tatsache bewusst geworden, dass digitale Medien kein Selbstzweck sind. Hauptüberlegung für Sie als Lehrende*r sollte bei der Planung Ihrer Lerneinheiten für Dritte sein, zu hinterfragen, welches Medium – unabhängig davon, ob analog oder digital – für den zu vermittelnden Inhalt, die eigene Lerngruppe, die gegebenen Räumlichkeiten usw. geeignet ist, um Wissenserwerb zu befördern.

Außerdem haben Sie – so die Hoffnung der Autor*innen – als wesentliche Erkenntnis mitgenommen, dass Inhalte zugänglich für ALLE Lernenden sein müssen und dass manche mediale Darstellungsformen Teilhabehindernisse für bestimmte Zielgruppen mit sich bringen können (z.B. ein »zuviel« an Animation für Menschen mit ADHDS). Im Umkehrschluss bedeutet dies die Einladung an Lehrende, möglichst von Anfang an das Thema »Zugänglichkeit für ALLE« mitzudenken und im Sinne des Universal Designs for Learning eine Darstellungsform zu wählen, die es Lernenden ermöglicht, ohne assistive Technologie an dargebotenen Inhalten teilhaben zu können. Hier sei noch einmal auf das Potenzial der in Handys und Tablets integrierten Bedienhilfen verwiesen.

Schlussendlich sei zusammenfassend zum lebenslangen Lernen eingeladen! Digitale Medien unterliegen stetiger Fortentwicklung durch technologische Innovationen. So entstehen z.B. über KI fortwährend neue didaktische Möglichkeiten: Es ist z.B. hierüber nunmehr leicht möglich, im Sinne des Universal Designs for Learning (UDL) didaktische Variationen ein- und desselben Themas anzubieten (z.B. durch KI-gestützte mehrsprachige Erklärvideovarianten für sprachsensiblen Unterricht oder durch KI basierte-Umwandlung komplexer Inhalte in leichte Sprache). Welches mediendidaktische Potenzial sich künftig entfalten wird, ist nur zu ahnen. Und so kann am Ende nur der Appell stehen, in der Kultur der Digitalität immer wieder reflektiert zu hinterfragen, wo Chancen und Risiken der Mediatisierung liegen und die erkannten Möglichkeiten medienkompetent zu nutzen.

Literatur- und Web-Tipps

Herzig, B./Grafe, S. (2006). Digitale Medien in der Bildung. Standortbestimmung und Handlungsempfehlungen für die Zukunft. Studie zur Nutzung digitaler Medien in allgemeinbildenden Schulen in Deutschland. Bonn: Deutsche Telekom.

Kerres, M. (2018). Mediendidaktik. 5. Aufl.. Berlin/Boston: De Gruyter Oldenbourg.

Koehler, M./Mishra, P. (2009). What is Technological Pedagogical Content Knowledge (TPACK)? In: Contemporary Issues in Technology and Teacher Education 9(1), 60-70.

Mayrberger, K. (2020). Partizipative Mediendidaktik: Darstellung Von Eckpunkten und Vertiefung des Partizipationsraums als konstituierendes Strukturelement. In: MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 17 (Jahrbuch Medienpädagogik), 59-92. https://doi.org/10.21240/mpaed/jb17/2020.04.26.X

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Medienberatung NRW (2020). Lehrkräfte in der digitalisierten Welt. Orientierungsrahmen für die Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung in NRW

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Prensky, M. (2001). Digital Natives, Digital Immigrants. In: On the Horizon. International Journal of Learning Features 9(5), 1-6.

Rummler, K./Koppel, I./Aßmann, S./Bettinger, P./Wolf, K. (Hg.) (2020). Lernen mit und über Medien in einer digitalen Welt. In: MedienPädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 17 (Jahrbuch Medienpädagogik). https://doi.org/10.21240/mpaed/jb17.X

Sekretariat der Kultusministerkonferenz (2016). Strategie der Kultusministerkonferenz: Bildung in der digitalen Welt. Berlin: KMK. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/
2018/Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt_idF._vom_07.12.2017.pdf

Stalder, F. (2016). Kultur der Digitalität. 1. Aufl. Berlin: Suhrkamp.

7.13 Verwendete Quellen

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Baacke, D. (1992). Theorie der Medienpädagogik. In: Burkart, R./Hömberg, W. (Hg.), Kommunikationstheorien. Ein Textbuch zur Einführung. Wien: new academic press, 198-219.

Baacke, D. (1996). Gesamtkonzept Medienkompetenz. In: agenda. Zeitschrift für Medien, Bildung, Kultur 2, 12-14.

Baacke D. (1996). Medienkompetenz – Begrifflichkeit und sozialer Wandel. In: Rein, A. v. (Hg.), Medienkompetenz als Schlüsselbegriff, Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, 111-124.

Baacke, D. (Hg.) (1974). Kritische Medientheorien. München: Juventa.

CAST (2024) www.cast.org

Institut für Universal Design (o.J.). https://universaldesign.ie/about-universal-design

Niesyto, H. (2009). Aktive Medienarbeit. In: Mertens, G./Frost, U./Böhm, W./Ladenthin, V. (Hg.), Handbuch der Erziehungswissenschaft, Paderborn: Ferdinand Schöningh, 855-862.

Prensky, M. (2001). Digital Natives, Digital Immigrants. In: On the Horizon. The International Journal of Learning Features 9(5), 1-6.

Reber, K. (2004). Metalinguistische Intervention – computergestützte Förderung. In: Grohnfeldt, M. (Hg.), Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie, Band 5: Bildung, Erziehung und Unterricht. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, 265-279.

Reber, K. (2016). Auf dem Weg zur vierten Kulturtechnik: Mediendidaktik im Förderschwerpunkt Sprache. In: Praxis Sprache 1, 33-40.

Reber, K. (2021)https://karin-reber.de/2021/09/01/appliste/

Schulz, L./Böttinger, T. (2021). https://padlet.com/traugottboettinger/universal-design-for-learning-diklusiv-onz20ujzwcjptj23