Transformationen der dramatischen Form 1800-1900
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Cornelia Fischer bezeichnet in Kindlers „Neues Literatur-Lexikon“ das Stück als „Satyrspiel des Sexus“. Bernd Seidensticker schreibt im Theaterlexikon über das Satyrspiel:
„Komisches griech. Drama (—> Komödie), das seinen Namen von den den —> Chor bildenden Satyrn hat. Entstehung und Frühgeschichte sind eng mit der der —> Tragödie verbunden (und ähnlich unklar und umstritten) [...]. Im dramatischen Wettbewerb der ‚Großen —> Dionysien‘ sind immer drei Tragödien und ein S[atyrspiel] zu einer —> Tetralogie verbunden; [...] in Bauform und dramatischer Struktur besteht kein wesentlicher Unterschied (das S[atyrspiel] ist kürzer und einfacher und arbeitet mit einem deutlich kleineren und stärker typisierten Figurenarsenal). [...] Dabei ist das klassische S[atyrspiel], soweit wir sehen können, nicht, wie immer wieder behauptet wird, Mythosparodie oder -travestie und auch nicht Tragödienparodie. Gestaltet werden vielmehr aus dem reichen Reservoir des Mythos heitere oder doch unproblematische, oft märchenhafte Stoffe. [...] Die auch aus dem Theater anderer Zeiten und Kulturen bekannte Verbindung von tragisch-ernstem und ausgelassen-heiterem Spiel dient wohl in erster Linie der emotionalen Erleichterung [...].“ (Seidensticker 1986, S. 753)
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Den Titel des Stückes leiht sich Schnitzler von einer Tanzform. Schauen Sie sich dieses Video eines typischen Reigens an und lesen Sie folgendes Nietzsche-Zitat aus der „Geburt der Tragödie“.
„Singend und tanzend äußert sich der Mensch als Mitglied einer höheren Gemeinsamkeit: er hat das Gehen und das Sprechen verlernt und ist auf dem Wege, tanzend in die Lüfte emporzufliegen. Aus seinen Gebärden spricht die Verzauberung. Wie jetzt die Tiere reden, und die Erde Milch und Honig gibt, so tönt auch aus ihm etwas Übernatürliches: als Gott fühlt er sich, er selbst wandelt jetzt so verzückt und erhoben, wie er die Götter im Traume wandeln sah.“ (Nietzsche 1993, S. 23)
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Reigentanz und Satyrspiel
Wieso hat Schnitzler seinem Stück den Namen einer Tanzform gegeben, und dann speziell dieser Tanzform? Inwiefern gehen Satyrspiel und Tanz zusammen?Markieren Sie Ihren Aktivitätsabschluss, um Ihre Ergebnisse mit dem Lösungs- und Reflexionshinweis vergleichen zu können.
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Die Dramaturgie des Stückes wurde in der Forschung auch mit der des Totentanzes verglichen. Helga Ettl schreibt im Theaterlexikon über den Totentanz:
„T[otentänze] durchziehen die Zeiten. Im Ritualtanz des Todes verbinden sich die Leichenkulte mit erotischen Elementen und Initiationsriten. In Kamerun z.B. wirbeln die Totentänzer ihre Lendentücher in die Höhe, um das Glied freizulegen. [...] Für die Initiation und für das Aus-dem-Leben-Scheiden gilt, daß der Mensch sich im Zustand des Ausgereiftseins mit transzendenten Dimensionen konfrontieren muß. [...] In Rom tanzten Etrusker im Leichenzug, und zwar die Sikinnis des —> Satyrspiels. Die Verstorbenen wurden im T[otentanz] mit Maske und in Verkleidung verkörpert. Die Träger dieser Rollen trieben allerlei Scherz, indem sie den Toten imitierten und karikierten. [...] Die bizarre Idee tanzender Totengerippe pflegte auch Rom. In Orissa trugen die Totentänzer der Leichenprozessionen die Werkzeuge, Kleider und Gebrauchsgegenstände des Verstorbenen auf dem Kopf wie später auch im europäischen Mittelalter. [...] Die ursprünglichste Tanzformation des T[otentanzes] war die Kreisform, deren Zentrum die Leiche, der Scheiterhaufen oder Kleiderreste des Toten bildeten. Schamanen, Medizinmänner, Trommler, Tierfiguren und Masken umtanzten den Kreismittelpunkt. [...] Das große Spiel des ‚Todesreigens‘, nach dem spanischen T[otentanz]-Gedicht „Danza General de la muerta“, stammt aus dem 14. Jh. In ihm tanzt der Tod erstmals mit zwei Jungfrauen und danach mit 30 weltlichen und geistlichen Standespersonen den Reigen. [...]“ (Ettl 1986, S. 1005f.)
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Totentanz
Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Schnitzlers „Reigen“ und der Tradition der Totentänze?
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