Studium und Lehre
Website: | OpenMoodle der Universität Bielefeld |
Kurs: | Digitale Barrierefreiheit an Hochschulen |
Buch: | Studium und Lehre |
Gedruckt von: | Gast |
Datum: | Donnerstag, 21. November 2024, 13:02 |
Beschreibung
Die Barrierefreiheit im Bereich Studium und Lehre umfasst sowohl Studien- und Prüfungsordnungen, Modulhandbücher und Lehrveranstaltungen als auch alle weiteren Angebote und die Infrastruktur der Hochschule für alle Studierenden.
1. Allgemeines
Um eine „Hochschule für alle“ Realität werden zu lassen und dem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden, die Bedarfe von Studierenden mit Beeinträchtigung zu berücksichtigen, muss Barrierefreiheit in Studium und Lehre gegeben sein. Das bedeutet, dass sowohl Lehrveranstaltungen als auch alle weiteren Angebote und die Infrastruktur der Hochschule für alle Studierenden zugänglich und nutzbar sein müssen.
Für die Studierenden ist es der positive Effekt [der Barrierefreiheit], dass sie reibungsloser Zugänge zu den Medien, zu Lehre, etc. haben.1
Für die konkrete Umsetzung solcher Zugänge sind unterschiedliche Beteiligte im Bereich Studium und Lehre zuständig. Auf der Hand liegen hier zunächst die Lehrenden, die ihr Lernangebot barrierefrei gestalten und Nachteilsausgleiche umsetzen. Stabsstellen im Bereich Didaktik, Lehrentwicklung, Beratung oder Qualitätsmanagement unterstützen Lehrende bei der Umsetzung der Barrierefreiheit in der Lehre und schaffen Angebote für Lehrende sowie Studierende wie beispielsweise Austauschformate. Darüber hinaus sind aber auch die Studiengänge verantwortlich, die durch die Berücksichtigung des Themas Barrierefreiheit in ihren Studien- und Prüfungsordnungen eine Grundlage bieten und die Studierbarkeit für Studierende mit Beeinträchtigungen evaluieren sollten. Dies wiederum sollte vom Prorektorat „Studium und Lehre“ gefordert werden, dessen Kernaufgaben die Organisation, Durchführung und Evaluation des Lehrangebots und die Sicherung der Studienqualität für alle sind. Auf die einzelnen Maßnahmen wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen und mit konkreten Handlungsempfehlungen erweitert.
2. Rechtliche Grundlagen
Schon Art. 3 Abs. 3 im Grundgesetz legt fest, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Für Hochschulen bedeutet das, dass niemand aufgrund seiner Behinderung vom Studium ausgeschlossen werden darf und im Studium keine Benachteiligung erfährt. In der BRK (Art 24, Abs 5) wird weiterhin festgelegt, dass Hochschulen angemessen Vorkehrungen treffen müssen, um eine Benachteiligung auszuschließen.
Im Jahre 2009 veröffentlichte die HRK den Erlass „Eine Hochschule für alle“. Hochschulen haben den gesetzlichen Auftrag, die Bedarfe von Studierenden mit Beeinträchtigung zu berücksichtigen und müssen dafür Sorge tragen, dass die Angebote der Hochschule gleichberechtigt und ohne fremde Hilfe in Anspruch genommen werden können. Das bedeutet, dass sowohl Lehrveranstaltungen aber auch alle weiteren Angebote und die Infrastruktur der Hochschule für alle Studierenden zugänglich und nutzbar sein müssen. Zu den weiteren Angeboten zählen zum Beispiel (Sprach-)Kurse, Online-Dienste, öffentliche Veranstaltungen, Praktika oder Auslandsaufenthalte.
3. Strategieentwicklung
Zu dem Thema Strategie gibt es detaillierte Informationen im separaten Buch „Strategie“. Die für Studium und Lehre wichtigsten Bereiche werden in diesem Kapitel deshalb nur kurz zusammengefasst.
Eine wichtige strategische Grundlage für den Bereich Studium und Lehre sind die Strategiepapiere wie beispielsweise eine Lehrstrategie, strategische Leitlinien, das Leitbild Lehre oder auch Struktur- und Entwicklungspläne. In all diesen Strategiepapieren ist es wichtig, die (digitale) Barrierefreiheit klar zu benennen, die Lehrenden auf ihre Pflichten hinzuweisen, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit festzulegen und Leitlinien vorzugeben.
Nehmen Sie die Aspekte der digitalen Barrierefreiheit in den Zielen und Maßnahmen aller Strategiepapiere und Leitlinien mit auf, die das Studium und die Hochschullehre betreffen.
Good Practice:
- Die TH-Köln hat strategische Leitlinien zu Lehre und Studium festgelegt, in denen sie unter anderem die Themen Lehr-Lernmaterialien, Lernräume und flexible Studienverläufe behandelt.
- In der Lehrstrategie der FernUniversität Hagen werden Ziele und Maßnahmen für die Hochschullehre festgelegt, in der ein Handlungsfeld die „diversitätssensible Lehre“ ist.
- Im Leitbild Lehre der FH Dortmund ist das Ziel der Vielfalt und Nachhaltigkeit festgelegt: „Wir stärken Diversität, Inklusion und das soziale Miteinander. Wir sind eine familiengerechte Hochschule.“
Besonders wichtig im Bereich Studium und Lehre ist es zudem, die Hochschulmitglieder, vor allem aber auch die Lehrenden, auf die Strategiepapiere wie Leitbilder oder Strategien aufmerksam zu machen. Verpflichten Sie die Lehrenden beispielsweise zur Nutzung von barrierefreien Tools in der Lehre und machen Sie sie auf die rechtlichen Vorgaben zur Zugänglichkeit von Lehre aufmerksam.
Machen Sie die Lehrenden auf die Strategiepapiere aufmerksam.
Machen Sie die Lehrenden auf rechtliche Vorgaben zur Zugänglichkeit von Lehre aufmerksam und verpflichten Sie sie in diesem Kontext zur Nutzung von barrierefreien Tools.
Etablieren Sie Runde Tische zu Studium und Lehre oder Digitalisierung.
Eine Möglichkeit, Lehrende auf die strategischen Ziele für Studium und Lehre aufmerksam zu machen und sie gleichzeitig zu motivieren, diese auch umzusetzen, können Anreizsysteme sein. Lehrende sind mit einer Vielzahl von Aufgaben und Themen konfrontiert. Um digitaler Barrierefreiheit mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung zu schenken, könnten Anreizsysteme deshalb ein gutes Mittel sein. Dies können zum einen materielle Anreize in Form von direkten finanziellen Anreizen (z. B. Prämien, Lehrpreise, zielgerichtete Förderungen oder Leistungszulagen für besondere Leistungen in Forschung und Lehre) sein. Zum anderen können Sie auch immaterielle Anreize schaffen (z. B. symbolische Preise, Fortbildungsmaßnahmen, Zertifikate, öffentlichkeitswirksame Belobigungen, Deputatsreduzierung oder Forschungsfreisemester). Detailliertere Informationen zur zielgerichteten Planung und Umsetzung von Anreizsystemen sind im Buch „Anreizsysteme“ beschrieben.
Good Practice:
-
Die TU Dresden hat in den letzten Jahren beispielsweise Preise für diversitätssensible Lehre oder inklusive Lehre vergeben.
4. (Weiter-)Entwicklung des Studienangebots
Bei der Gestaltung der Studien- und Prüfungsordnung werden die strategischen Grundsteine für ein barrierefreies Studium gelegt. Hierbei ist es wichtig, sich proaktiv für chancengerechte Studienbedingungen einzusetzen und die richtigen Voraussetzungen für ein barrierefreies Studium zu schaffen.
Sprechen Sie das Thema Barrierefreiheit in der (Weiter-)Entwicklung von Studienangeboten explizit an.
Setzen Sie sich proaktiv für chancengerechte Studienbedingungen in der Studien- und Prüfungsordnung ein.
Binden Sie das Qualitätsmanagement der Hochschule und/oder andere Gremien wie Studienkommissionen mit ein.
Studienordnung
Ein wichtiger Punkt in den Studienordnungen ist der Studienablaufplan. Wird dieser bereits bei der Entwicklung auf Flexibilität ausgerichtet, können notwendige Anpassungen im Einzelfall deutlich schneller und einfacher erfolgen. Deshalb sollte bereits bei der Entwicklung neuer Studiengänge oder der Überarbeitung vorhandener Studienordnungen über die Studierbarkeit und mögliche Barrieren im Studiengang reflektiert werden und diese bei Bedarf möglichst beseitigt werden. Hierzu gehören nicht nur die Vorlesungen selbst sondern zum Beispiel auch (Forschungs-)Praktika, Blockkurse oder Projekte.
Studierende mit Beeinträchtigungen und individuellen Bedarfen haben eine deutlich höhere Quote an Studienabbrüchen und Fachwechsel (best2 Studie).
Erlauben Sie einen möglichst flexiblen Studienablaufplan in der Studienordnung.
Reflektieren Sie über die Studierbarkeit und mögliche Barrieren im Studiengang.
Prüfungsordnung
In der Prüfungsordnung werden die Grundlagen für Nachteilsausgleiche und Prüfungen geschaffen. Auch hier sollte explizit auf die Barrierefreiheit der Vorgaben geachtet werden und welche Auswirkungen diese auf die Barrierefreiheit des Studiums und der Prüfungen haben. Bereits bei der Entwicklung des Studienangebots oder einer Überarbeitung soltle das Thema Nachteilsausgleiche besprochen werden. Gibt es im Studiengang eine Strategie, wie mit Anfragen zu Nachteilsausgleichen umgegangen wird? Hierbei sollte direkt festgelegt werden, wie die genaue Umsetzung funktioniert und was Lehrende und Studierende dazu wissen müssen. Detailliertere Informationen zum Thema Nachteilsausgleich finden Sie auch in dem Buch hierzu: Nachteilsausgleich.
Erlauben Sie möglichst flexible Prüfungsformate in der Prüfungsordnung, um individuell auf Bedarfe eingehen zu können.
Besprechen Sie bei der Entwicklung des Studienangebots das Thema Nachteilsausgleiche.
Besprechen Sie, wie die genaue Umsetzung von Nachteilsausgleichen in Ihrem Studiengang funktioniert.
Modulhandbücher
Ganz konkret werden die Lehr- und Prüfungsformen dann im Modulhandbuch des Studiengangs beschrieben. Auch hier ist es wichtig, Alternativen bereits einzuplanen und Flexibilität zu erlauben. Dies ermöglicht Studierenden mit Behinderung und chronischer Krankheit z.B. alternative (gleichwertige) Prüfungsformen oder die Teilnahme an anderen Formaten.
Zudem werden in den Modulhandbüchern auch die Inhalte des Studiums festgelegt. Die Barrierefreiheit sollte hierbei nicht nur für die Durchführung des Studiums, sondern auch als Studieninhalt in Betracht gezogen werden (siehe Kapitel „Barrierefreiheit als Studieninhalt“).
Beschreiben Sie bereits im Modulhandbuch mögliche Alternativ-Formate für Prüfungen oder andere Leistungsnachweise.
Erlauben Sie eine möglichst große Flexibilität im Modulhandbuch.
5. Qualitätsmanagement
Das Qualitätsmanagement spielt eine zentrale Rolle in der Sicherung der Studienqualität und der Studierbarkeit einzelner Studiengänge. Durch regelmäßige Audits wird die Entwicklung der Studiengänge begleitet. In diese Audits werden auch die Erfahrungen von Studierenden und Lehrenden miteinbezogen.
Akkreditierung
Für Studierende mit Behinderung oder chronischer Krankheit ist die Studierbarkeit einzelner Studiengänge ein sehr wichtiges Thema. In der Akkreditierung kann das Qualitätsmanagement Studiengänge dazu anleiten, die Studierbarkeit der einzelnen Module zu beleuchten und gegebenenfalls Änderungen oder Anpassungen vorzunehmen. Auch Nachteilsausgleiche und alternative Prüfungsformen können hier besprochen werden. Ziel ist es, ein gleichwertiges Studium für alle Studierenden zu ermöglichen.
Hierfür sollte das Thema als Anforderungen explizit in die Akkreditierung aufgenommen werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Personen im Qualitätsmanagement auch im Themenfeld der Barrierefreiheit im Studium ausgebildet sind, um die Studiengänge so zielgerichtet leiten zu können.
Nutzen Sie Evaluationsverfahren, um das Thema Barrierefreiheit und Studium anzusprechen.
Reflektieren Sie mit den Vertreter*innen der Studiengänge über die Studierbarkeit und mögliche Barrieren im Studiengang.
Stellen Sie sicher, dass Studiengänge Ansprechpartner*innen benennen, wenn es um das Thema Studieren mit Beeinträchtigung oder Nachteilsausgleich geht.
Bilden Sie die Personen im Qualitätsmanagement zum Thema Studium und Behinderung weiter.
Nehmen Sie Kriterien zur Barrierefreiheit als Teil der Anforderungskritrien in die Akkreditierung mit auf.
Lehrevaluation
Zur Qualitätskontrolle und Weiterentwicklung des Studienangebots werden Lehrveranstaltungsevaluationen durchgeführt. So wird der Bereich Studium und Lehre unter Einbeziehung studentischer Bewertungen evaluiert und weiterentwickelt. Hier können ebenfalls Kriterien zur Barrierefreiheit eingebunden und abgefragt werden. Um diese Ergebnisse anschließend auch sinnvoll nutzen zu können, sollten konkrete Prozesse entwickelt werden, wie mit den Ergebnissen der Lehrevaluation insbesondere der Bewertung der Barrierefreiheit weiter gearbeitet wird, beispielsweise auf welcher Ebene die Ergebnisse besprochen und welche Maßnahmen daraus abgeleitet werden. Um aufzuzeigen, dass die Barrierefreiheit kein einmaliges Projekt, sondern eine kontinuierliche Aufgabe ist, sollten diese Evaluationen in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden.
Integrieren Sie Bewertungen der Barrierefreiheit von Lehrveranstaltungen in die Lehrevaluationen.
Entwickeln Sie Prozesse, wie mit den Ergebnissen der Lehrevaluation insbesondere der Bewertung der Barrierefreiheit weiter gearbeitet wird.
Führen Sie Evaluierungen und Berichterstattungen regelmäßig durch.
Studierendenbefragungen
Wenn an der Hochschule regelmäßig Studierendenbefragungen durchgeführt werden, können diese auch gut genutzt werden, um Einblicke in die Barrieren des Studiums zu erhalten. Indem Sie Fragen zur (digitalen) Barrierefreiheit in die Lehrenden- und Studierendenbefragungen einbeziehen, können Sie sich Barrieren im Studium oder auch Bedarfe zurückmelden lassen. Dies liefert wichtige Informationen zu Verbesserungspotentialen der Hochschule. Auch die Bekanntheit von Unterstützungsangeboten kann so abgefragt werden.
Nehmen Sie Fragen zu (digitaler) Barrierefreiheit in die Lehrenden- und Studierendenbefragung mit auf.
Fragen Sie auch nach Bedarfen und Bekanntheit von Unterstützungsangeboten.
6. Barrierefreiheit als Studieninhalt
Studiengänge können das Thema Barrierefreiheit in einzelnen Modulen platzieren und so Studierenden ermöglichen, sich zu diesem Thema aus- und weiterzubilden. So kann das Bewusstsein der Studierenden gestärkt und das Thema hochschulweit vorangebracht werden. Dies bietet sich besonders bei Studiengängen an, die schon viele Berührungspunkte mit der konkreten Umsetzung digitaler Barrierefreiheit haben, zum Beispiel im Bereich Informatik, in Medienstudiengängen oder (Medien-)Pädagogik.
Ich habe gerade eine Masterarbeit angemeldet bekommen von einer Studentin der interdisziplinären Medienwissenschaft, die eben dazu arbeiten möchte, wie die Lehramtsstudierenden auf die Situation von Schülerinnen [und] Schülern mit geistigen Beeinträchtigungen vorbereitet werden können. Also quasi die digitale Barrierefreiheit als Gegenstand der universitären Lehre oder der Weiterbildung.1
Good Practice:
- An der Hochschule der Medien Stuttgart wird im Master-Studiengang Computer Science and Media ein Modul zum Themenfeld Digitale Barrierefreiheit angeboten: HdM Weiterbildungszentrum - digitale Barrierefreiheit.
- An der Frankfurt University of Applied Sciences wird der Master-Studiengang „Inclusive Design“ angeboten, in dem eine interdisziplinäre systematische Auseinandersetzung mit der barrierefreien Gestaltung unserer Lebenswelt stattfindet.
Auch im Bereich der Schlüsselkompetenzen oder Querschnittskompetenzen für Studierende kann die Barrierefreiheit als Inhalt angeboten werden und dadurch auch studiengangsunabhängig für alle Studierenden zur Verfügung stehen.
Schaffen Sie in den Studiengängen sowie im Angebot der Schlüsselkompetenzen für Studierende Inhalte und Schwerpunkte der (digitalen) Barrierefreiheit.
Good Practice:
- An der Hochschule der Medien in Stuttgart wird eine Vorlesung zu Assisstiven Technologien im Studiengang Mobile Medien angeboten, die hochschulweit von Studierenden aller Studiengänge belegt und angerechnet werden kann.
- Das KIT bietet regelmäßige Vorlesung und Seminare zum Thema Digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien an.
- Die TU Wien hat ein umfängliches Angebot an Vorlesungen im Bereich der digitalen Barrierefreiheit. Zum Beispiel Assistive Technologien, Assistive Systeme oder Barrierefreies Internet.
7. Unterstützung und Informationsmaterialien für Lehrende
Das Wissen über und die gesammelten Erfahrungen mit digitaler Barrierefreiheit sind bei Lehrenden an deutschen Hochschulen noch entwicklungsfähig. In einer Studie¹ schrieben sich lediglich knapp 6% der Lehrenden selbst ein umfangreiches Wissen zur digitalen Barrierefreiheit zu. Deshalb ist es wichtig, Informationsmaterialien anzubieten und die Lehrenden, aber auch alle anderen Hochschulangehörigen durch Schulungen zu sensibilisieren. Dabei sollten diese Materialien und Schulungen regelmäßig kommuniziert werden, damit sie an Bekanntheit gewinnen. Idealerweise werden die Angebote beispielsweise im Intranet der Hochschule zentral gesammelt und geben so allen Hochschulangehörigen einen schnellen Überblick, wie sie sich informieren und weiterbilden können. Stellen Sie zudem konkrete Informationen zur Umsetzung von Barrierefreiheit in der Lehre zur Verfügung, zum Beispiel Leitfäden, Praxistipps oder Beratungsangebote. Auch Ansprechpersonen und Beratende für die Lehrenden sollten angeboten werden.
Das Hauptproblem ist, dass viele andere [Dozierende] vermutlich ähnlich wie ich gar nicht so genau wissen, was muss ich denn überhaupt machen, damit diese Barrierefreiheit gegeben ist.1
Das Thema barrierefreie Lehre betrifft auch die Hochschuldidaktik: wie können alternative Lehr- und Prüfungsformate entwickelt und umgesetzte werden? Ein zentrales Thema ist hier Flexibilität in der Gestaltung von Lernangeboten und das Zugänglichmachen von Lehrmaterial und Inhalten über mehrere (Sinnes-)Kanäle. Barrierefreie Lehre schließt viele Prinzipien des Universal Designs for Learning ein, welches das Ziel hat, allen Lernenden gutes und erfolgreiches Lernen zu ermöglichen.
Machen Sie darauf aufmerksam, dass Barrierefreiheit bei der Umsetzung digitaler Lehre mitgedacht werden muss. Nutzen Sie dafür „Runde Tische“ oder einen „Tag der Lehre“.
Verweisen Sie zur Umsetzung von Barrierefreiheit in der Lehre auf eigene Handreichungen ihrer Hochschule oder gute Beispiele von anderen Hochschulen oder Institutionen.
Informieren Sie Lehrende über die Angebote und Zuständigkeiten bei bestimmten Themen.
Etablieren Sie eine Verweispraxis – dies erspart Ratsuchenden lange Wege.
Stellen Sie einen Überblick über die Unterstützungsangebote und Ansprechpersonen ihrer Hochschule zur Verfügung und kommunizieren Sie diese an die Lehrenden.
Bieten Sie Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote für Lehrende an, die zum Beispiel auch auf Lehrzertifikate, Fortbildungen oder Onboarding-Agreements angerechnet werden können.
Good Practice:
- Mit dem Angebot Diversity@Lehre sollen Lehrende der TU Dresden umfassend darin unterstützt werden, die Lehre diversitätsgerechter zu gestalten. Dafür gibt es neben dem Selbsteinschätzungstest „Diversität in der Hochschullehre“ und dem Selbstlernkurs „Inklusive Hochschullehre“ viele nützliche Informationen und Links rund um das Thema diversitätsgerechte Lehre.
- Auch die PH Heidelberg bietet für ihre Lehrenden einen Moodlekurs „Barrierearmes Moodle" an sowie Hinweise für Lehrende für eine barrierearme Onlinelehre und barrierearme Videokonferenzen.
- An der Universität Bielefeld wird durch das ZAB über einen Dokumenten-Pool auf nützliche Informationen zur barrierefreien Lehre verwiesen.
Weiterführende Informationen finden Sie in dem Buch Sensibilisierung.
8. Austauschformate für Lehrende
Aber wenn ich so den Eindruck hätte, es gibt einen Austausch [über die Barrierefreiheit]. Da sind viele Kolleg*innen, die sich dafür interessieren, dann kann man sich gemeinsam austauschen, wie man das macht.1
Es ist nicht immer leicht, die Barrierefreiheit in der Lehre umzusetzen. Umso wichtiger ist es, dass sich die Lehrenden auch untereinander austauschen und voneinander lernen können. Bieten Sie deshalb Austauschformate in Form von Lehrenden-Netzwerken an, um den Austausch zu fördern. Hierdurch können die Lehrenden sich untereinander vernetzen. Durch Input von Anlaufstellen oder Beratungseinrichtungen haben die Lehrenden zudem die Möglichkeit, die Beratungslandschaft kennenzulernen und so auch Studierende bei Fragen weiter verweisen zu können.
Bieten Sie Austauschformate für die Lehrenden an.
Fördern Sie die Vernetzung innerhalb der Hochschule und machen Sie das Angebot der unterschiedlichen Stellen bekannt.
Ermutigen Sie die Lehrenden auch, externen Netzwerken beizutreten. Dort werden oft auch viele Informationen und Material ausgetauscht.
9. Spezifische Hinweise für Lehrende
Lehrende spielen eine zentrale Rolle in der Reduzierung von Barrieren an der Hochschule. Sie sind in direktem Kontakt mit Studierenden und bekommen vielleicht regelmäßig Anfragen zu Nachteilsausgleichen oder werden auf Barrieren aufmerksam gemacht. Mit wenig Aufwand können viele Barrieren schon vor diesen Anfragen adressiert werden und kommen nicht nur Studierenden mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten zugute, sondern unterstützen auch viele weitere Studierende. Das bedeutet aber auch nicht, dass sie allein für die Umsetzung des Themas verantwortlich sind, doch in ihrer Lehre können sie bereits einen wichtigen Beitrag leisten.
Ein erster Schritt hin zu einer barrierefreien Lehre ist es, sich über das Thema Barrierefreiheit zu informieren. Das Thema erscheint erst einmal riesig, vieles ist aber leicht umsetzbar und erfordert keine Spezialkenntnisse. Zunächst ist es wichtig, zu lernen, welche Behinderungen und Beeinträchtigungen es gibt und welche Barrieren Studierenden hierdurch entstehen. So kann bereits reflektiert werden, welche Barrieren in der eigenen Lehre vorhanden sein könnten. Hierzu kann zum einen mit Studierenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung gesprochen werden, um in Austausch zu kommen und Barrieren zu erkennen. Aber auch im Austausch mit Ansprechpartnern an Ihrer Hochschule, z.B. Beauftragten für Studierende mit chronischer Erkrankung oder Behinderung oder der Studienberatung, können weitere Erkenntnisse gesammelt werden.
Die Seite Blinddate aus dem Projekt SHUFFLE ermöglicht eine virtuelle Begegnung mit Studierenden mit unterschiedlichen Behinderungen, die ihre Strategien im Studium vorstellen. Dort werden auch leicht umsetzbare Tipps zur Gestaltung barrierefreier Lehre gegeben.
Darüber hinaus ist es auch wichtig, sich selbst Kompetenzen in der Umsetzung von Barrierefreiheit aufzubauen, beispielsweise zu barrierefreien Dokumenten. Auch die Umsetzung von Barrierefreiheit im Lern-Management-Sytsem ist Teil einer barrierefreien Gestaltung der Lehre. Hier ist aber auch wichtig zu beachten, dass einige Themen, z.B. die Barrierefreiheit von Dokumenten, schon etwas mehr Zeit und Geduld benötigen.
Im Projekt SHUFFLE sind einige hilfreiche Kurse entstanden, um Lehre barrierefreier zu gestalten. So beispielsweise das Materialpaket, in dem Checklisten und Umsetzungshilfen für die barrierefreie Gestaltung von Lehrsettings und Dokumenten enthalten sind. In dem Moodle-Kurs sowie dem Ilias-Kurs sind nützliche Hinweise und Anleitungen zur barrierefreien Gestaltung der jeweiligen Lern-Management-Systeme enthalten.
In der Lehre ist es neben der barrierefreien Gestaltung von Lehrmaterialien auch wichtig, möglichst barrierefreie Tools zu verwenden. Dazu gehören beispielsweise Videokonferenzsysteme oder andere Software, die in der Lehre verwendet werden soll. Es ist hier wichtig, sich zu informieren, welche Systeme an der Hochschule zur Verfügung gestellt werden und wie barrierefrei diese sind.
Lehrende können auch Multiplikatoren für Ansprechpersonen an der Hochschule sein, indem sie den Studierenden Informationen über das Studium mit Behinderung oder chronischer Krankheit weitergeben. Dazu gehört zum Beispiel eine Liste von Ansprechpersonen oder Beratungs- und Informationsangeboten der eigenen Hochschule. So kann beispielsweise zu Beginn von Lehrveranstaltungen eine Folie mit den relevanten Ansprechpersonen und Unterstützungsangeboten gezeigt werden.
Eine weitere Möglichkeit, sich mit andern zum Thema barrierefreie Lehre auszutauschen sind interne und externe Netzwerke. Dort werden oft Informationen und Material ausgetauscht oder Strategien gemeinsam entwickelt und diskutiert.
Informieren Sie sich zum Thema Barrierefreiheit und auftretenden Barrieren in der Lehre.
Sprechen Sie mit Studierenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung über deren Erfahrungen.
Informieren Sie sich über die Ansprechpersonen an Ihrer Hochschule und tauschen Sie sich mit ihnen aus.
Geben Sie Informationen über das Studium mit Behinderung oder chronischer Krankheit an Ihre Studierenden weiter.
Kommunizieren Sie die Beratungsangebote und Anlaufstellen der Hochschule an Studierende.
Nutzen Sie in der Lehre barrierefrei Tools wie Videokonferenzsysteme.
Nutzen Sie Dienste oder Angebote der Hochschule, zum Beispiel Umsetzungsdienste, Austausch- und Weiterbildungsangebote.
Arbeiten Sie in externen Netzwerken mit und kommen Sie dort in Austausch mit anderen.