Text: Medien.Gesellschaft
2.6 Navigieren durch die Digitale Transformation der Bildung
Die Bedeutung von Medienkompetenz und Medienbildung im Zuge der veränderten Gesellschaft sollte nun deutlich geworden sein. Bildungs(-institutionen) bilden die Grundlage für die Ausbildung dieser Kompetenz und der lebenslangen reflektierten Auseinandersetzung. Entsprechend werden wir nun einen Blick auf die mit der digitalen Transformation einhergehenden Veränderungen in der Bildung werfen.
Die Frage, ob es sich um digitale Bildung oder um Bildung in einer digitalen Welt handelt, verdeutlicht bereits die Vielschichtigkeit des aktuellen Wandels im Bildungsbereich. Verändert sich die Bildung selbst oder muss man sie vor dem Hintergrund einer veränderten Gesellschaft betrachten? Dieser Abschnitt betrachtet in erster Linie die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Bildung am Beispiel der Diskussionen im schulischen Kontext. Diese können aber auch auf andere Bildungskontexte übertragen werden.
Der bereits beschriebene gesellschaftliche Wandel im Zuge der Digitalisierung hat Auswirkungen auf die Bildung. Die aktuelle Debatte um die Neu- bzw. Umgestaltung von Bildung im Kontext der Digitalisierung und der damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen ist jedoch äußerst vielfältig und zugleich diffus. Diese Vielfalt spiegelt sich bereits in den unterschiedlichen und kontrovers diskutierten Begrifflichkeiten wider, mit denen das »Neue« beschrieben wird. Von digitaler Bildung ist ebenso die Rede wie von Bildung in einer digitalen Welt oder von Bildung in einer Kultur der Digitalität. Auch bei der Betrachtung von formalen (bspw. schulischen) Bildungsprozessen gibt es verschiedene Bezeichnungen, sei es »digital gestützt«, »digital« oder »Unterricht in einer Kultur der Digitalität«. Die Begrifflichkeiten bleiben dabei oftmals ebenso vage wie der Bildungsbegriff selbst (vgl. Heinz 2023). Wie dieser »neue« Unterricht konkret aussehen soll, darüber gibt es derzeit noch wenig wissenschaftliche Erkenntnisse (vgl. Frederking/Romeike 2022: 453). So ist es nicht verwunderlich, dass die Vorstellungen eines veränderten Unterrichts vom Einsatz digitaler Werkzeuge über adaptive (sich anpassende) Lernsoftware bis hin zu einer kompletten Neugestaltung von Bildungsprozessen reichen (vgl. Kerres 2020; Krommer et al. 2019).
Sicher scheint jedoch, dass sich die schulischen Bildungsinstitutionen im Zuge der Transformationsprozesse, die die Digitalisierung mit sich gebracht hat und weiterhin mit sich bringt, verändern müssen (vgl. Heinz 2023).
Bei näherer Betrachtung der Diskussion um die Integration des Digitalen in die Bildung lassen sich zwei Positionen erkennen. Auf der einen Seite wird der Digitalisierung ein innovativer Charakter zugeschrieben, während auf der anderen Seite ein großes Risiko auf Grund des hohen Abhängigkeitspotenzials oder der Möglichkeit der Verschlechterung schulischer Leistungen gesehen wird. Bisherige Studien, die sich mit dem Lernerfolg digitaler Technologien im Unterricht beschäftigen, untersuchen häufig aber nur deren tatsächlichen Einsatz. Unberücksichtigt bleiben dabei didaktische Konzepte des Einsatzes vor dem Hintergrund spezifischer Lernziele oder die Qualität der Nutzung durch die Lernenden. Dass der bloße Einsatz digitaler Medien automatisch zu innovativen Lehr- und Lernwegen führt, ist jedoch ein Trugschluss (vgl. Kerres 2020). Gleichzeitig bieten digitale Medien vielfältige Möglichkeiten der innovativen Gestaltung durch die Lehrenden. Die Einheit Medien.Didaktik wird sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit das »Wie« des Einsatzes Einfluss auf den Lernerfolg hat und wie ein erfolgreicher Einsatz gestaltet werden kann.
Digitale Medien bieten in Lehr- und Lernkontexten einerseits die Möglichkeit starker Reglementierung (sie können kontrollierend und regulierend eingesetzt werden und somit der Überwachung bzw. Auswertung dienen). Andererseits können sie im Sinne der Partizipation und der Zugänglichkeit eingesetzt werden und so neue Möglichkeiten der Entfaltung selbstregulierten Lernens schaffen. Als Beispiele könnte man zum einen die Learning Analytics nennen, mit deren Hilfe Lehrende Lernwege ihrer Lernenden – im Sinne der Reglementierung – strukturieren, optimieren und deren Ergebnisse kontrollieren können.
Abb. 2.1: Kontrolle durch digitale Medien.
Quelle: Midjourney, Prompt: student writing an exam on her laptop and watched by various cameras and digital devices, Mai 2024.
Lernende können – im Sinne der Entfaltung – aber auch ihre Lernwege mit Hilfe digitaler Anwendungen selbst gestalten und visualisieren und dabei mit ihrer Peer-Group
Abb. 2.2: Freie Gestaltung der eigenen Lernwege mit Hilfe digitaler Medien.
Quelle: Midjourney, Prompt: pupils talking to each other in small groups sitting around tables using books and digital devices, Mai 2024
Diese beiden Seiten der Medaille schließen sich nicht gegenseitig aus und können auch gemeinsam existieren. Es bietet sich an, je nach Zweck zwischen den beiden Möglichkeiten zu wechseln.
Literatur- und Web-Tipp
Ein Video hierzu ist das folgende von Axel Krommer, in dem er sich für die Neuausrichtung der Bildung vor dem Hintergrund einer digitalen Kultur ausspricht: »New Learning: die ersten 4000 Jahre. Oder: Über das ambivalente Verhältnis von Technik und Pädagogik«: https://www.youtube.com/watch?v=N2uv8SzdgWU