Nachteilsausgleich
Der Nachteilsausgleich ist ein rechtlich fest verankertes Instrument zur Herstellung chancengerechter Studienbedingungen. Können Studierende aufgrund individueller benachteiligender Lebensumstände das Studium oder bestimmte Leistungen nicht wie vorgesehen erbringen, so können unter bestimmten Voraussetzungen Nachteilsausgleiche in Anspruch genommen werden.
3. Prüfungen und Leistungsnachweise
Viele Studierende mit individuellen Studienerschwernissen können Prüfungen und Leistungsnachweise nicht in der vorgegebenen Zeit oder Form erfüllen. Um zu ermöglichen, dass sie unter gleichen Erfolgschancen Prüfungs- und Leistungsnachweise erbringen können, können Nachteilsausgleiche in Form von zeitlich oder formal modifizierten Bedingungen eingesetzt werden.
Nachteilsausgleiche sind immer Einzelfallentscheidungen, die individuell und situationsbezogen ausgehandelt werden müssen. Verbindliche Vorgaben gibt es nicht, da die Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten immer unterschiedlich sind. Orientierung können jedoch die folgenden bewährten Möglichkeiten bieten:
- Verlängerung von Schreibzeit/Vorbereitungszeit
- Verlängerung von Fristen zur Abgabe
- Verlängerung der Prüfungszeit (um die anfallende Pausenzeit)
- Prüfung in separaten Räumen mit eigener Aufsicht
- Aufteilen von Studienleistungen in Einzelabschnitte
- Erlaubnis zur Nutzung von Hilfsmitteln und Assistenzen
- Bereitstellung von adaptiven Prüfungsunterlagen
- Nichtberücksichtigung von Rechtschreibfehlern
- Verschieben von Prüfungsterminen
- Nichtberücksichtigung von behinderungsbedingten Prüfungsrücktritten
- Änderung der Prüfungsform
Bei alternativen Prüfungsformen ist es wichtig, dass die gleichen Kompetenzen geprüft werden. Das jeweilige in der Prüfungsordnung oder Modulbeschreibung festgelegte Qualifikationsziel (Kompetenzziel) muss dabei im Blick gehalten werden. In begründeten Fällen sollte es jedoch möglich gemacht werden, mündliche Prüfungen in schriftliche Prüfungen (oder umgekehrt), Hausarbeiten in Referate (oder umgekehrt) und Gruppenprüfungen in Einzelprüfungen umzuwandeln.
Ich hatte mal in einer Klausur eine [Studentin] mit einer Sehbeeinträchtigung. Die hatte einen Nachteilsausgleich bekommen bzw. hatte die Möglichkeit über die Vertreterin für Studierende, dass in der Klausur die Schriftgröße angepasst wurde und dass sie noch mehr Zeit hatte.1
Bei der Klärung, ob die Auswirkungen von Beeinträchtigungen inhaltliche Prüfungsrelevanz haben, können insbesondere folgende Einschätzungen helfen:
- Informationen über die Qualifikations- bzw. Lernziele, vor allem durch die Modulbeschreibungen. Dadurch wird klar, was Studierende zum Abschluss eines Moduls wissen, können und beherrschen müssen bzw. welche fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen sie erworben haben sollen.
- Einschätzungen von Studiengangsleitungen, Modulverantwortlichen und Prüfer*innen – im Idealfall in Kooperation mit Beauftragten und Berater*innen für Studierende mit Beeinträchtigungen
Nicht alle beeinträchtigungsbedingten Auswirkungen sind kompensierbar: Studierende müssen grundsätzlich in der Lage sein, die studienrelevanten Kompetenzen zu erwerben und in Prüfungen nachweisen.
Eine von Prüfungsorganen und zum Teil von Beauftragten und Berater*innen für Studierende mit Beeinträchtigungen gewünschte Übersicht, in der bestimmten Formen von Beeinträchtigungen eindeutig und abschließend bestimmte Maßnahmen zugeordnet werden, kann es daher leider nicht geben. Der Wunsch nach solchen Vorgaben ist zwar nachvollziehbar, jedoch fachlich kaum zu begründen. Die Auswirkungen vielfältiger individueller Beeinträchtigungen in Wechselwirkung mit vielfältigen Bedingungen in den Studiengängen lassen sich nur im Einzelfall beurteilen.
Stellen Sie einen Leitfaden zum Thema Nachteilsausgleich zur Verfügung.
Berücksichtigen Sie bei der Konzeption von neuen Studiengängen und Akkreditierung die Bedürfnisse von Studierenden mit Behinderung.
Good Practice:
- Die TH Köln stellt einen umfangreichen Leitfaden für Nachteilsausgleiche bereit.