4. Online-Prüfungen

4.1. "Take-Home"-Prüfungen

„Take-Home“-Prüfungen ohne Aufsicht

„Take-Home“-Prüfungen finden nicht in der Hochschule, sondern in der Regel im häuslichen Umfeld der Studierenden statt. Sie ähneln klassischen Klausuren, unterscheiden sich jedoch durch die orts- und häufig auch zeitunabhängige Durchführung. Die Prüfungsaufgaben werden elektronisch bereitgestellt und die Lösungen digital eingereicht. In der Regel handelt es sich um Aufgabenstellungen, die innerhalb eines begrenzten Zeitraums bearbeitet werden können.

Häufig werden „Take-Home“-Prüfungen als Open-Book- oder Kofferklausuren gestaltet, bei denen die Nutzung von Hilfsmitteln ausdrücklich erlaubt ist. Dadurch verschiebt sich der Schwerpunkt weg von der reinen Wissensreproduktion hin zu Transfer- und Anwendungsaufgaben, was eine entsprechend hohe Vorbereitungsintensität erfordert.

Ein wiederkehrendes Thema im Zusammenhang mit unbeaufsichtigten Online-Prüfungen ist die Sorge vor Täuschungshandlungen. Studierende befürchten teils, durch unfaire Vorteile anderer benachteiligt zu werden. Gleichzeitig wird betont, dass Täuschung grundsätzlich in jeder Prüfungsform möglich ist – unabhängig davon, ob sie in Präsenz oder online stattfindet. Die Kontrolle erfolgt hier vor allem über didaktische Maßnahmen:

  • Täuschungsvermeidung (z. B. individualisierte Aufgaben)
  • Täuschungsaufdeckung (z. B. Plausibilitätsprüfungen)
  • nachträgliche Überprüfungen von Auffälligkeiten

Zudem kann der heimische Prüfungsort selbst eine Herausforderung darstellen. Dieser ist häufig nicht optimal für konzentriertes Arbeiten geeignet und kann im Gegensatz zu einem neutraler Prüfungsraum zusätzliche Belastungen oder Ablenkungen mit sich bringen.

„Take-Home“-Prüfungen mit Aufsicht: Online Proctoring

Beim sogenannten Online Proctoring handelt es sich um ein ortsunabhängiges digitales Aufsichtssystem, das mithilfe spezieller Software die Täuschungshandlungen verhindern oder aufdecken soll. Dabei können verschiedene Formen der Überwachung zum Einsatz kommen, etwa Video- und Audioaufzeichnungen, Bildschirmüberwachung, Clickstream-Analysen oder System-Logging.

Je nach Intensität der Überwachung lassen sich verschiedene Proctoring-Level unterscheiden:

  • Level 0: Aufsicht über Videokonferenz mit bis zu ca. 50 Studierenden, keine Aufzeichnung.
  • Level 1: Einsatz spezialisierter Proctoring-Software mit einer Kamera, Webseiten-Logging und optionaler Aufzeichnung.
  • Level 2: Eine Kamera, zusätzlich Application-Logging und Computer-Lockdown, optionale Aufzeichnung.
  • Level 3: Zwei Kameras, vollständiges Aktivitäts-Logging und Computer-Lockdown, optionale Aufzeichnung.

Der Einsatz solcher Systeme ist rechtlich und ethisch umstritten, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung. Die Zulässigkeit und Ausgestaltung von Aufzeichnungen unterscheiden sich je nach Bundesland und hochschulrechtlicher Regelung.

Proctoring kann sowohl digital (remote) als auch in Präsenz erfolgen, etwa in speziellen, abgeschirmten Prüfungsräumen mit technischer Überwachung.