Klassen-"Führung" – Spannungsfelder im Umgang mit heterogenen Schulklassen

Spannungsfeld 2: inklusionspädagogische Normen vs. tradierte unterrichtliche Praktiken

"Gleichwohl schaffen diese offenen und kooperativen Arbeitsformen ein weiteres Spannungsverhältnis, das die Balance zwischen moralischen Normen einerseits und den Normen tradierter sozialer Praxen andererseits erfordert. Erst jüngst zeigten z.B. Bender und Rennebach (2021) durch objektiv-hermeneutische Fallrekonstruktionen zu Teilhabeordnungen inklusiven Unterrichts, dass „die Differenz zwischen inklusionspädagogischen Normen und unterrichtspädagogischen Praktiken nicht aufgelöst werden [kann]. Das daraus entstehende Strukturproblem unterrichtlicher Inklusion wird an immer kleinere Interaktionseinheiten delegiert“ (ebd., S. 231). So komme es im inklusiven Unterricht einerseits zu einer Übertragung dieser unauflösbaren Spannung an die Schüler*innen, sodass etwa ihnen selbst „die Verantwortung für das Misslingen ihres Lernprozesses“ (ebd., S. 239) sowie die Schuld für das „Scheitern der Teilhabe“ (ebd., S. 240) zugewiesen wird. Andererseits könne die – inklusionspädagogisch fundierte – Idee kooperativen bzw. ko-konstruktiven Arbeitens in Verbindung mit einem allzu offenen Lehr-Lern-Arrangement eine „geschmeidige peer-kulturelle Interaktion“ (ebd., S. 245) eher verhindern als fördern, da die Normen der sozialen Praxis[1] auch in der Übertragung der Verantwortung aus dem Klassenverband in die Kleingruppe fort- und den moralischen Normen der Inklusion entgegenstehen." (Frohn und Mayer, i.E.)



[1] Mögliche Normen des Sozialen können dabei „historisch institutionalisierte und kulturell verankerte Praxen und den diesbezüglichen Prozess der sozialen Positionierungen“ (Bender & Rennebach 2021, S. 236) meinen, also im unterrichtlichen Fall die Fortschreibung traditioneller sozialer Unterrichtsformen, die auch exkludierende Merkmale tragen.