Text: Medien.Begriffe
1.2. Von Medienkompetenz zur Medienbildung
Stop and Think
Den Begriff ›Medien‹ haben Sie bereits kennengelernt. Überlegen Sie, was Sie unter Kompetenz und Bildung verstehen. Inwiefern unterscheiden sich vor diesem Hintergrund die Begriffe ›Medienkompetenz‹ und ›Medienbildung‹?
Medienkompetenz und Medienbildung zielen beide auf den souveränen Umgang mit Medien ab. So führt der Einsatz von Medien nicht zwangsläufig zum Erwerb von Medienkompetenzen und stellt nicht unbedingt Medienbildung dar. Unter beiden Begriffen wird neben dem Einsatz von Medien (siehe auch Einheit Medien.Didaktik) auch das Lernen über Medien verstanden.
Die Begriffe ›Medienkompetenz‹ und ›Medienbildung‹ werden von einigen Autor*innen synonym genutzt. Andere verstehen unter den beiden Begriffen Unterschiedliches und nutzen entweder nur den einen oder anderen oder beide Begrifflichkeiten. Um die Unterschiede in der Verwendung beider Begrifflichkeiten aufzuzeigen, sollen daher die Hintergründe der Begriffe ›Medienkompetenz‹ und ›Medienbildung‹ beleuchtet werden.
Definition
Der Begriff ›Medienkompetenz‹ wurde in den 1970er Jahren von Baacke ausdifferenziert, der darunter »die Fähigkeit [versteht], in die Welt aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen« (1996: 119). Mittlerweile gibt es viele verschiedene Modelle. Baackes Modell mit den folgenden vier Dimensionen von Medienkompetenz gilt für den deutschsprachigen Raum jedoch als wegweisend:
Abb. 1.3: Dimensionen von Medienkompetenz nach Baacke (1996)
Quelle: public domain.
Aufgabe
Bearbeiten Sie die folgende Aufgabe: Vier Dimensionen der Medienkompetenz
Baacke bezog sich bei seinen Überlegungen zum Medienkompetenzbegriff auf Konzepte der 1970er Jahre zur Sprachtheorie und zur Kommunikativen Kompetenz. Medienkompetenz wurde im engeren Sinne also nicht aus der pädagogischen Begriffstradition hergeleitet (vgl. Hugger 2008: 93f.; Kamin/Bartolles 2022: 28). Zudem erscheint der Begriff vielen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen im Zuge der Digitalisierung nicht mehr als ausreichend.
Definition
Der Begriff ›Medienbildung‹ wird dagegen auf ein bildungstheoretisches Verständnis zurückgeführt, welches Jörissen und Marotzki (2009) als strukturale Medienbildung ausdifferenziert haben. Danach ist Medienbildung als ein Prozess zu verstehen, der nicht durch Kompetenzbeschreibungen vorgeschrieben werden kann, sondern vom Individuum ausgeht und über die Schule hinaus das lebenslange Lernen betrifft (vgl. ebd.; Kamin/Bartolles 2022: 28). Entgegen eines festen Kanons an Medienkompetenzen geht es bei Medienbildung stärker um den Erwerb von Orientierungswissen und um reflexive Kompetenzen. In unserer modernen, pluralistischen Gesellschaft muss der Mensch durch den Wegfall tradierter Ordnungsschemata (Werte, Normen etc.) mit Hilfe seines Fakten- und Orientierungswissens selbst Bestimmtheit erzeugen, aber auch Unbestimmtheit zulassen (vgl. ebd.). So schreiben Kamin und Bartolles (2022: 29) auch, es müssten reflexive Prozesse der Erfahrungsverarbeitung und des Umgangs mit Unbestimmtheit angeregt werden, sodass von Bildungsprozessen gesprochen werden kann. Bei der Überprüfung des Wahrheitsgehalts einer Nachricht kann bspw. nicht immer endgültig geklärt werden, ob es sich um eine wahre oder falsche Nachricht (Fake News
Literatur- und Web-Tipp
Zum Weiterlesen empfehlen sich dieser kurze Blogeintrag von Jörissen (2013) mit fünf Sätzen zur Medienbildung
Viele Wissenschaftler*innen nutzen den Begriff ›Medienbildung‹, um an dieses weite Begriffsverständnis anzuknüpfen. Wenn es um die praktische Kompetenzvermittlung in Schule oder Beruf geht, wird auch häufig der Medienkompetenzbegriff genutzt, da die Ausbildung dort in der Regel auf konkrete Kompetenzen abzielt. Letztere sind häufig auch in spezifischen Kompetenzrastern oder -rahmen festgehalten, wie bspw. dem Medienkompetenzrahmen NRW (Medienberatung NRW 2020) für Schulen oder dem europäischen Referenzrahmen DigComp (Vuorikari et al. 2022) für lebenslanges Lernen und Beschäftigung in der digitalen Gesellschaft.
Take Home Messages
- Medien werden meist als Mittler von Kommunikation verstanden. Der Begriff wird dabei z.T. sehr weit ausgelegt und kann je nach Nutzungskontext Institution, Inhalt, Form oder Kanal sein.
- Der Begriff ›Medienkompetenz‹ steht im engen Zusammenhang mit Baackes Begriffsverständnis, welches er in vier Dimensionen konkretisiert: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung.
- Medienkompetenz und Medienbildung zielen beide auf den souveränen Umgang mit Medien ab. Medienbildung geht dabei über den Medienkompetenzbegriff hinaus, wird als Bildungsprozess verstanden und betont stärker den Erwerb von Orientierungswissen und reflexiven Kompetenzen.
Ausgehend von diesen grundsätzlichen Überlegungen zum Themenfeld Medien möchten wir Sie nun einladen, sich konkreter mit digitalen Medien und dem damit verbundenen Prozess der Digitalisierung zu beschäftigen.